Dicke Reifen in Rheine

Polizei und Tuning-Szene in NRW rüsten sich für den „Car-Freitag“. Nach tödlichem Ausgang eines illegalen Rennens in Bielefeld im vergangenen Jahr sind auch die Raser nachdenklich geworden

VON KLAUS JANSEN

„Addimann“ will mit seiner „Schleuder“ in Bielefeld „aufschlagen“, und „Katergizmo“ zieht es nach Rheine – „egal, was die Grün-Weißen da auffahren“. Die Auto-Tuner in Nordrhein-Westfalen rüsten sich für ihren Festtag: Den morgigen Karfreitag, in der Szene „Car-Freitag“ genannt. Zum großen Spoilervergleich werden in NRW mehrere hundert Autofans erwartet. Die Polizei fürchtet, dass es wie im vergangenen Jahr zu illegalen Rennen kommt.

Eine Tote, fast ein Dutzend Verletzte, hunderte Anzeigen und Verwarnungsgelder – das ist die Bilanz des „Car-Freitag“ 2005. In Bielefeld raste ein Opel Corsa während eines illegalen Rennens in die Zuschauermenge, der Fahrer wurde später zu einem Jahr Haft auf Bewährung verurteilt.

Nicht nur die Polizei hofft, dass die Szene aus dem tödlichen Zwischenfall gelernt hat: Auch einige Tuningfreunde sind nachdenklich geworden. „Die Tochter von einem Arbeitskollegen war unter den Verletzten, ihr wurde schlussendlich ein Bein amputiert. Echt schlimm“, schreibt ein User in einem Internetforum. „Solchen Leuten wie in Bielefeld muss der Führerschein entzogen werden.“ Andere formulieren es drastischer im Netz: „Heizen in der City ist einfach Scheiße.“

Auch viele organisierte Fans aufgemotzter Autos stellen sich gegen die Tradition der illegalen Rennen. „Wir lieben diese Szene nicht besonders. Aber das sind Auswüchse, die man nie ganz wegbekommt“, sagt Hans-Jörg Köninger, Geschäftsführer des Verbands deutscher Automobil-Tuner. Er wolle für seriöses, legales Tuning werben – und dagegen kämpfen, dass „irgendwelcher Schrott aus dem Internet“ in die Autos eingebaut werde. Köninger rechnet damit, dass auch an diesem Freitag wieder zahlreiche Szenetreffen stattfinden. „Autos bestaunen, Preise vergeben, Striptease, Halligalli – das ist doch in Ordnung“, sagt er.

Das findet auch die Polizei: „Niemand hat etwas dagegen, wenn die Leute ihre Autos präsentieren“, sagt Rheines Polizeisprecher Udo Potthoff. Illegale Rennen seien in seiner Stadt jedoch nicht zu machen: Eine etwa hundert Beamte starke Sondertruppe soll die Szene bewachen und auch alle renntauglichen Straßen im Blick behalten. Die Vorsicht ist begründet: Vor allem aus dem niedersächsischen Osnabrück, einem der Zentren der Tuning-Szene, haben sich bereits zahlreiche Car-Freitagstouristen angekündigt.

Auch die Bielefelder Polizei will über das Wochenende „Extra-Kräfte“ bereitstellen und eventuell sogar ganze Straßen absperren, kündigt Sprecher Friedhelm Burchard an. Er hofft jedoch darauf, dass sich der Reiz illegaler Rennen nach dem Unfall in vergangenen Jahr zumindest in Bielefeld verflüchtigt hat. Erste Anzeichen dafür habe er bereits aus der Szene erhalten: „Einige wollen sogar Blumen an der Unfallstelle niederlegen.“