Kontrolle der Kontrolleure

Ermittlungs-Epidemie in Hamburg: Ein Untersuchungsausschuss soll jetzt einen anderen sezieren. Und Bürgermeister Ole von Beust selbst ins Visier nehmen

Hamburgs Bürgerschaft hat gestern für ein Novum in der bundesdeutschen Parlamentsgeschichte gesorgt. Auf Antrag der Opposition aus SPD und Grünen hat sie einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss eingesetzt, der die undichten Stellen eines anderen Parlamentarischen Untersuchungsausschusses aufspüren soll: dem zur „Feuerbergstraße“, Hamburgs umstrittenem Jugendknast.

Der neue Ausschuss soll herausfinden, wie vertrauliche Akten aus dem ersten Ausschuss widerrechtlich an den CDU-Senat gelangen und so eine Affäre auslösen konnten, die zur Entlassung eines Staatsrates in der Sozialbehörde und des Justizsenators Roger Kusch vor zwei Wochen führte.

Damit schien Bürgermeister Ole von Beust sich selbst aus der Schusslinie gebracht zu haben, zielte die rot-grüne Opposition mit dem neuen Ausschuss doch vor allem auf seine Stellvertreterin, Sozialsenatorin Birgit Schnieber-Jastram. Niemand außerhalb der Union glaubt so recht deren Beteuerungen, von der ganzen Affäre nichts gewusst zu haben. Fast die gesamte Präsidialabteilung Schnieber-Jastrams hatte vertrauliche Unterlagen aus dem Untersuchungsausschuss zur Feuerbergstraße auf dem Tisch – Strafversetzungen, Disziplinarverfahren und staatsanwaltschaftliche Ermittlungen sind die Folge. „Senatorin Ahnungslos“, höhnte die Opposition. Sie wisse entweder nicht, was in ihren Vorzimmern passiert, oder sage die Unwahrheit.

Was politisch und juristisch schwerer wiegt, sollte eben der zweite Untersuchungsausschuss klären. Jetzt wird er sich vornehmlich mit der Rolle des Regierungschefs selbst befassen müssen. Sven-Michael Veit