Ostermarsch wird 45

Heute beginnen die Ostermärsche an Rhein und Ruhr. 1961 fand die erste österliche Friedensdemonstration in Nordrhein-Westfalen statt

VON DIRK ECKERT

Sie marschieren wieder für den Frieden. Auch an Rhein und Ruhr beginnen heute die Ostermärsche. Es ist ein jährliches Ritual, das wissen die Friedensaktivisten, die die Demonstrationen auf die Beine stellen. Aber: „Es ist leider nicht zwecklos geworden, zum Ostermarsch zu gehen“, sagt Johannes Korsten. Der Düsseldorfer wird auch dieses Jahr dabei sein, um gegen Iran-Krieg oder Bundeswehreinsätze im Innern zu demonstrieren.

Für die Ostermarschierer in Nordrhein-Westfalen ist es ein Jubiläum. Vor 45 Jahren, im Jahr 1961, fand der erste nordrhein-westfälische Ostermarsch statt – ein Jahr nach dem ersten bundesdeutschen Friedensmarsch in Norddeutschland. 1961 ging es von Duisburg nach Dortmund. Bis heute ist das die klassische Route des Ostermarsches Ruhr. Die Strecke wird traditionell an drei Tagen bewältigt. Zu Fuß und mittlerweile, von Essen nach Bochum, auf dem Rad. „Das ist einmalig“, freut sich Felix Oekentorp, einer der Organisatoren.

Inzwischen gehört auch ein Abstecher in die Landeshauptstadt Düsseldorf zum Programm. Denn seit 2001 wird dort gemeinsam mit dem Ostermarsch Rheinland demonstriert. „Das war einfach uneffektiv, das nebeneinander zu machen“, sagt Oekentorp.

Einige tausend Menschen haben zuletzt an den NRW-Märschen teilgenommen. Es waren mal mehr. Zu den Hochzeiten der Friedensbewegung Anfang der 80er demonstrierten bis zu 100.000 Menschen zwischen Duisburg und Dortmund. Und auch die Distanz zu den Bundestagsparteien ist größer geworden. Nur Linkspartei und WASG sind mit Rednerinnen und Rednern dabei und rufen zur Teilnahme auf. Die Grünen halten Distanz. Der Münsteraner Bundestagsabgeordnete Winfried Nachtwei wünscht zwar „gute Resonanz“, kritisiert aber zugleich, die Ostermarschierer würden einen Rückzug der Bundeswehr aus allen Auslandseinsätzen fordern. Damit würden „deren reale Beiträge zur Gewalteindämmung“ ignoriert. Der Friedensbewegung warf er vor, die rot-grüne Außenpolitik der letzten Jahre nur „sehr pauschal“ wahrzunehmen und ein Feindbild Rot-Grün zu pflegen. Daher sei es auch kein Wunder, dass „bei den Aktivitäten der Friedensbewegten immer weniger Anhänger von SPD und Grünen zu sehen waren“.

Die Dortmunder SPD-Bürgermeisterin Birgit Jöder lehnte es sogar ab, ein Grußwort zu schicken. Begründung: Der Aufruf zum Ostermarsch enthalte „Angriffe auf die derzeitige Bundesregierung“, an der auch ihre Partei beteiligt sei.

Die Gewerkschaften unterstützen die Friedensmarschierer hingegen, auch finanziell. Allerdings: So rege wie die Organisatoren es gerne hätten, war das gewerkschaftliche Engagement dann doch nicht: „Wir engagieren uns erheblich mehr für den 1. Mai als die Gewerkschaften für die Ostermärsche“, bedauert Oekentorp.

Ostermarsch-Veteran Willi Hoffmeister aus Dortmund sieht die Sache mit den Teilnehmerzahlen allerdings gelassener. „Die ersten Ostermarschierer waren wenige hundert Leute“, sagt der 73-jährige. Seiner Beobachtung nach kommt es auf die Themen an. Mit Beginn des Irak-Krieges 2003 seien vier mal mehr Menschen gekommen als im Jahr zuvor, berichtet er. „Die persönliche Betroffenheit spielt eine unheimlich wichtige Rolle.“

Für Johannes Korsten ist es ohnehin keine Frage, ob er demonstrieren geht. „Es ist eine Abstimmung mit den Füßen“, sagt Korsten. „Ich gehe zum Ostermarsch, um irgendwann mal nicht mehr zum Ostermarsch gehen zu müssen.“