Kommentar
: Fundis aller Religionen vereinigt euch!

Es ist wie immer beim Kampf der Kulturen: Keiner hat das Bild, das Buch, den Film gesehen, aber schon jeder hat eine Meinung, ja ein Urteil: Wir kennen das beispielsweise aus den Debatten um Goddards „Je vous salu Marie“, das „Kleine Arschloch“ von Walter Moers oder „The Passion of the Christ“ von Mel Gibson. Dieses Mal geht es um die Comicserie „Popetown“, die ab 3. Mai auf MTV laufen soll. In diesem Comic versucht laut Sender der Pater und Menschenfreund Nicolas Gutes zu tun, während ein durchgeknallter Papst und ein krimineller Kardinal „ungewollte Todesfälle“ verursachen.

Forderte Markus Söder (CSU) bereits vor ein paar Tagen ein schärferes Strafrecht wegen Blasphemie und macht – Zufall oder nicht – keinen Unterschied zwischen Gott und Allah, so spricht die CDU-Politikerin und Vertriebenenpräsidentin Erika Steinbach von einer „unerträglichen Beleidigung aller Christen“ und das Diözesankomitee Münster ruft zu Protesten auf. „Karikaturenstreit“ nun auch in Deutschland?

Eigentlich ist zu dem Thema alles gesagt worden im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung um die dänischen Mohammed-Karikaturen: Die Freiheit des Wortes ist unteilbar, ein bisschen Freiheit geht so wenig wie ein bisschen schwanger. Oder wie sagte die holländische Politikerin und Autorin Ayaan Hirsi Ali, die mit dem Tode bedroht für die Meinungsfreiheit eintritt: Ich verteidige das Recht auf Beleidigung.

Das gilt doch aber bitte nicht nur dann, wenn es um die Verteidigung des christlichen Abendlandes geht. Oder braut sich da zusammen, was zusammengehört, nach dem Motto: Fundamentalisten aller Monotheismen vereinigt euch. Wir halten nach dem Karikaturenstreit doch bitte fest: Die Freiheit des Wortes schützt nicht allein das Schöne, Gute, Wahre, sie bewährt sich erst im liberalen und gelassenen Umgang mit dem Minoritären, Abweichenden, Hässlichen, Geschmacklosen etc.

Die frohe Botschaft: Grund zur Hoffnung, dass wenigstens der Nachwuchs verstanden hat, wie in einer Demokratie Auseinandersetzungen zu führen sind, gibt der Bund der Deutschen Katholischen Jugend: Jugendliche wissen, was sie gut finden und was nicht, wird verlautet. Sie können und werden zwischen verletzender Geschmacklosigkeit und Satire selbst unterscheiden.

WOLFGANG FERCHL