Abbau West
: Solidarpakt, unsolidarisch

Die Idee von Altkanzler Helmut Kohl hatte Charme, keine Frage: Direkt nach dem Mauerfall sollte der Westen dem notleidenden Osten unter die Arme greifen. „Solidaritätszuschlag“, „Solidarpakt“, das klang harmlos, fast so optimistisch wie die versprochenen „blühenden Landschaften“. Suggeriert wurde damit: Für die alte Bundesrepublik sei die Übernahme der real existierenden DDR kein größeres Problem – wirklich einschränken müsse sich niemand.

KOMMENTAR VONANDREAS WYPUTTA

16 Jahre später sind die neuen Länder gepflastert mit neuen Autobahnen, Telefonnetzen und Gewerbegebieten. Ausgeblieben ist der „Aufschwung Ost“ dennoch: Nicht umsonst will SPD-Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee als Ost-Beauftragter der Bundesregierung gezielt nur noch so genannte „Wachstumskerne“ fördern.

Schlimmer noch: Der Westen droht sich beim Aufbau Ost zu übernehmen. Auch 17 Jahre nach dem Mauerfall fehlen objektive Kriterien, was wo gefördert werden soll: Arbeitslosenquoten, die Zahl der Sozialhilfeempfänger oder der Grad der öffentlichen Verschuldung spielen keine Rolle. Entscheidend für Unterstützung im Rahmen des Solidarpakts II ist allein die Geografie – was zählt, ist die alte Einteilung in Ost oder West.

Die unglaubliche Folge: Vor der Pleite stehende Städte etwa im Ruhrgebiet müssen weitere Kredite aufnehmen, um das Geld etwa ins zumindest in Teilen florierende Sachsen zu transferieren. Solidarisch ist das nicht – mögen ostdeutsche Politiker wie Gewerkschafter auch noch so um die Unterstützung kämpfen. Stattdessen muss der Solidarpakt II neu ausgestaltet werden. Förderkriterium darf nur die ökonomische Leistungsfähigkeit, nicht aber die geographische Lage einer Region sein: Ein Ziel, dass Nordrhein-Westfalens Landesregierung mutiger vertreten sollte.