Die Spätfolgen des Bafög-Missbrauchs

Rund 3.000 Berliner Studierende sind des Bafög-Betrugs überführt. Sie hatten vorhandene Ersparnisse verschwiegen. Gesamtschaden: 18 Millionen Euro. Ein Teil der Nachwuchsakademiker gilt nun als vorbestraft

Bafög-Schulden nach dem Studium. Das kennen all die glücklichen Nachwuchsakademiker, die überhaupt noch in den Genuss der staatlichen Förderung kommen. Doch rund 3.000 Berliner Studierende tragen mittlerweile einen noch schwerer wiegenden Makel. Sie wurden in den vergangenen vier Jahren als Bafög-Betrüger überführt. Insgesamt 18 Millionen Euro hatten sie sich durch falsche Vermögensangaben im Antrag zum Bundesausbildungsförderungsgesetz (Bafög) erschlichen.

Aufgeflogen sind die Schummeleien bei den Bafög-Anträgen durch einen Datenabgleich zur Bekämpfung von Sozialmissbrauch. „Seit 1999 gibt es im Steuerentlastungsgesetz eine Ermächtigung, durch die alle Träger von Sozialleistungen mit den vom Bundesamt für Finanzen gespeicherten Daten einen Quervergleich machen können“, erklärt Andreas Brickwell, Leiter der Bafög-Abteilung des Studentenwerks Berlin.

Wer die staatliche Studienförderung beantragt, darf nicht mehr als 5.200 Euro eigenes Vermögen besitzen. Im Vertrauen, dass das nicht wirklich überprüft werden kann, haben viele Studierende angegeben, dass ihre Ersparnisse unter diesem Freibetrag lägen. Dank der Gesetzesnovelle können die Bafög-Ämter nun jedoch abfragen, ob die Studierenden bei ihren Banken Freistellungsaufträge für erwartete Zinserträge abgegeben haben. Liegen diese höher als 100 Euro pro Jahr, so schließen die Bafög-Ämter auf ein Vermögen über dem gesetzten Freibetrag. Dann bittet das zuständige Amt um die Offenlegung der Vermögensverhältnisse, erklärt Brickwell. Oft müssten dann die zu viel erhaltenen Leistungen zurückgezahlt werden. Meistens werden die Akten zudem an die Staatsanwaltschaft weitergereicht, die ein Ermittlungsverfahren wegen Betrugs einleitet.

Manche Verfahren enden mit einer Einstellung – mal mit, mal ohne Bußgeld. Je nach Höhe des unrechtmäßig kassierten Bafögs werden manchmal gar harte Geldstrafen verhängt. Die können die berufliche Zukunft der Jungakademiker gefährden. Denn Geldstrafen von über 90 Tagessätzen werden im Bundeszentralregister vermerkt, das von obersten Landesbehörden oder auch der Anwaltskammer eingesehen werden kann. Für angehende Lehrer und Juristen kann das riskant sein.

Dennoch gehen Betroffene nur selten in Berufung. Schon wegen der weiteren Kosten, vermutet Brickwell. „Die Rückzahlungsmoral war im Allgemeinen sehr gut, 15 Millionen Euro sind bis jetzt zurückgeflossen.“ Dies liege auch daran, dass die Androhung eines Strafverfahrens vielen Studierenden Angst gemacht habe. „Bis jetzt gab es 40 bis 50 Straf- und etwa 400 Bußgeldverfahren“, bilanziert Brickwell. Die Fahndung nach Betrügern dauert an. Jeweils im September werden die Daten des Vorjahres vom Bundesamt für Finanzen an das Bafög-Amt übermittelt. Aus dem Schneider sind nur diejenigen, die im März 2001 ihre letzte Bafög Zahlung erhalten haben: Deren Straftat ist im April 2006 verjährt. Maria Daldrup