Chinas KP-Chef auf Einkaufstour

Heute trifft Hu Jintao zu einem dreitägigen Besuch in den USA ein. Außer einigen lukrativen Geschäftsabschlüssen gilt es vor allem, zu Hause gut Wetter zu machen

PEKING taz ■ Drei Tage tingelt Chinas KP- und Staatschef Hu Jintao ab heute durch die USA, am Donnerstag wird er erstmals in seiner Amtszeit das Weiße Haus besuchen, doch ein Staatsbankett bekommt er nicht. Dabei hatte Peking darauf gedrungen, weil das Ereignis schöne Bilder geliefert hätte – so wie damals, als Ex-KP-Patriarch Jiang Zemin mit Hillary Clinton parlierte. Das war 1997, beim ersten Besuch eines KP-Chef nach dem Tiananmen-Massaker, das die hohen Kontakte zeitweilig zum Erliegen gebracht hatte.

Heute sind die Begegnungen der Staatsspitzen kaum noch etwas Besonderes. Hu und Bush sahen sich im vergangenen Herbst gleich zweimal, am Rande des UNO-Gipfels in New York und des Apec-Gipfels in Seoul. Entsprechend unkonventionell startet Hu heute seine US-Tour im Haus von Microsoft-Gründer Bill Gates, wo er auch auf Howard Schultz, den Chef der Kaffeehauskette Starbuck’s, trifft.

Gates und Schultz sind auch chinesische Ikonen, noch dazu Leute, die sich an einem sehr guten Chinageschäft ihrer Unternehmen erfreuen. Von ihnen erwartet Hu Schützenhilfe – wegen wachsender amerikanischer Kritik, die protektionistische Maßnahmen gegen China fordert.

Hu kann es schlecht wegreden: Die USA plagt ein gigantisches Außenhandelsdefizit mit China von 202 Milliarden Dollar. 40 Prozent aller aus China exportierten Güter landen in den Vereinigten Staaten. Allein im März 2006 belief sich der Handelsüberschuss auf 11,19 Milliarden Dollar, doppelt so viel wie im Jahr zuvor. Um die Wogen in Washington zu glätten, schickte Hu eine 200 Mann starke Wirtschaftsdelegation voraus, die für gut 16,2 Milliarden Dollar durch die USA auf Shoppingtour ging. Boeing durfte sich über einen 4,6-Milliarden-Auftrag für 80 Passagierflugzeuge freuen. Autoteile, Software und Sojabohnen kauften die Chinesen ein. Daheim berichteten die chinesischen Medien, dass sich US-Präsident George W. Bush für den „guten Willen“ der Chinesen bedankt hätte.

Das ist Hus wichtigstes Anliegen in Washington: Zu Hause gut Wetter machen. Die Chinesen honorieren es, wenn er das Verhältnis zu Washington positiv gestaltet und ein wenig vom Glanz der einzigen Supermacht auf ihn fällt. Aber reicht es, dafür das chinesische Einfuhrverbot für US-Rindfleisch aufzuheben? Im Grunde erwarten die USA mehr: Eine deutliche Aufwertung des aus US-Sicht unterbewerteten Yuan. Oder eine schnellere Öffnung des chinesischen Banken- und Finanzmarkts. Doch an diesen Punkten ist Peking stur.

Nach außen herrscht Übereinstimmung in der Sicherheitspolitik. In der Iranfrage handeln die USA und ihre Verbündeten im Einklang mit China. Doch dürften im Hintergrund Spannungen bestehen, da die USA im Weltsicherheitsrat auf eine verschärfte Resolution mit Gewaltoptionen gegenüber Teheran pochen. China setzt auf eine diplomatische Lösung der Krise. US-Kritiker werfen Peking vor, energiepolitische Fragen in den Vordergrund zu stellen, da es einen Großteil seiner Öl- und Gasimporte aus dem Iran bezieht.

Im Ernstfall rechnet niemand mit einem chinesischen Veto gegen Bushs Iranpolitik. Es wäre eine Kehrtwende der chinesischen Außenpolitik, für die ein gutes Verhältnis zu den USA in den letzten Jahrzehnten Priorität hatte. Daran will Hu nichts ändern. Doch eine Bitte wird er haben: dass Bush Taiwans Präsidenten Chen Shui-bian auf seinem Unabhängigkeitskurs zurückpfeift. Im Grundsatz ist das Thema Taiwan zwischen Peking und Washington weniger strittig als früher, was mit dem Popularitätsverlust von Chen auf der Insel zusammenhängt. Mit seiner Abwahl wird 2008 gerechnet. Experten auf beiden Seiten hoffen dann auf Abrüstungsgespräche zwischen China, Taiwan und den USA. GEORG BLUME
JOHANN VOLLMER