Werder möchte nicht mehr nur fernsehen

ZITTERSIEG Durch einen Elfmeter in letzter Minute besiegen die Bremer Köln mit 1:0 und wahren ihre Chance auf die Champions League

Mit Fahrrädern, Straßenschildern und Stühlen sind Bremer und Kölner Fußballfans am Samstag aufeinander losgegangen.

■ Die Randalierer lieferten sich bereits während des Bundesliga-Spiels in der Hansestadt regelrechte Straßenschlachten.

■ Hooligans hätten sich schon am Nachmittag zu einer Schlägerei verabredet, sagte eine Polizeisprecherin am Sonntag. Das konnten die Einsatzkräfte jedoch verhindern.

■ Während des Spiels und danach kam es zu heftigen Prügeleien auf der Straße und vor dem Stadion.

Mehrere Menschen wurden verletzt. Die Polizei nahm 51 Fußballfans vorübergehend fest.

Vor der Partie gegen den 1. FC Köln hatte Werders Geschäftsführer Klaus Allofs einen Einblick in seine Freizeitbeschäftigung unter der Woche gegeben. „Ich habe am Dienstag und am Mittwoch ferngesehen“, sagte er und setzte dazu eine Leidensmiene auf, als habe man ihn gezwungen, 24 Stunden lang am Stück „Neun live“ zu gucken. Tatsächlich hatte er sich die Halbfinals in der Champions League angeschaut. Jener Liga, in der Werder so gerne wieder mitmachen würde. „Wir waren fünf Jahre dabei, es gibt nichts Schöneres als sich mit den Besten Europas messen zu können“, sagte Allofs wehmütig.

Seit dem 1:0-Erfolg gegen Köln sind die Chancen zumindest nicht schlechter geworden. Werder liegt weiterhin punktgleich mit Leverkusen auf Platz drei, einen Zähler vor Dortmund. „Der Sieg war so wichtig. Mit einem Unentschieden wäre unsere gute Ausgangssituation futsch gewesen“, sagte Allofs nach dem Last-Minute-Sieg.

Und sie war schon so gut wie futsch. Weil Werder eine Halbzeit lang so spielte, als ginge es nicht um die Qualifikation zur Champions League sondern um Platz drei beim Norderney-Cup. Das große Ziel schien die Mannschaft vorübergehend aus den Augen verloren zu haben.

In Hälfte zwei erhöhte Werder zwar den Druck, traf aber das Tor nicht. Coach Thomas Schaaf lobte zwar den Willen seines Teams, aber er monierte auch: „Wir haben es nicht zu Ende gespielt, deswegen mussten wir lange zittern.“

Bis sich Pedro Geromel in der Nachspielzeit einen folgenschweren Blackout leistete und den Ball mit der Hand von der Linie kratzte. Das Regelwerk sieht bekanntlich einen Strafstoß vor. Und Torsten Frings ist bekanntlich eiskalt. Er verwandelte sicher und gab hinterher doch zu: „Ich musste schon kräftig durchpusten. Es gibt bestimmt einfachere Elfmeter, als den.“

Am kommenden Samstag muss Werder auf Schalke antreten, am 34. Spieltag kommt der HSV. Schweres Restprogramm, leichtes Restprogramm? Darüber macht sich Schaaf keinen Kopf. „Wir haben es selbst in der Hand und so bleibt die Mannschaft wach bis zum DFB-Pokalfinale“, sagte er. Auf Schalke kann Werder die Bayern zum Meister machen und, wie Frings meinte, „aus einer guten eine sehr gute Saison machen“.

Über seine Freizeitbeschäftigung im Sommer mochte er nicht sprechen. „Das Fass mache ich nicht jede Woche wieder auf“, sagte Werders Matchwinner auf seine WM-Chancen angesprochen. Es deutet alles darauf hin, dass Frings viel fernsehen wird. Nicht Champions League, sondern WM. Der Bundestrainer wird ihn allerspätestens dann vermissen, wenn die DFB-Auswahl zum Elfmeterschießen antreten muss. SVEN BREMER