Bayerns Grüne entdecken die Schwarzen

Landeschefs gehen in Strategiepapier auf die Regierungsverantwortung los und glauben dabei nicht mehr an die SPD

MÜNCHEN taz ■ Ja da legst di nieder. „Wir Grüne haben keine Berührungsängste“, schreiben die bayerischen Grünen. „Wir sind mit den wichtigen Akteuren bündnisfähig.“ In manchen Teilen klingt es wie ein Werbeschreiben für eine schwarz-grüne Koalition, was die beiden grünen Landesvorsitzenden Theresa Schopper und Sepp Daxenberger gerade vorgelegt haben.

In Abstimmung mit den 15 grünen Landtagsabgeordneten haben die Parteichefs ein Strategiepapier entwickelt, das die Marschrichtung für die Landtagswahlen 2008 aufzeichnet. Die Kernthese lautet: Die Grünen sind die wahren Blau-Weißen. Und zwar nicht nur bei den Themen – „wir wollen ein Bayern, in dem Heimatverbundenheit und Weltoffenheit gleichermaßen vereinbar sind“ – sondern auch bei den Menschen: „Wir sind sowohl personell als auch inhaltlich in der Lage, vielen Wählerinnen und Wählern der CSU eine Heimat zu sein.“

Und in der Tat haben die bayerischen Grünen im Unterschied zu vielen nördlicheren Landesverbänden den Zusatz „Alternative Liste“ nie geführt. Daxenberger trägt Loden und Vollbart. „Wir wollen auch wertkonservative Menschen ansprechen“, erklärt er der taz. Und keine „Premium-Opposition“ mehr sein: „Wir wollen Regierungsverantwortung übernehmen.“ Politische Führung kennen die Grünen bisher aus den Gemeinden. In München stellen sie mit der SPD zusammen die Rathausmehrheit. Daxenberger ist Bürgermeister in Waging am See. Im bayerischen Landtag leiten die Grünen den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten, in zwei weiteren stellen sie den Vize.

Stellt sich die Frage, wie aus dem Mitmachen Regierungsverantwortung wird. Man wisse, dass „grüne Politik bis in die CSU hinein zunehmend auf Sympathie und Zustimmung trifft“, heißt es dazu im Strategiepapier. Aber Daxenberger will dann doch gar nicht so konkret über Schwarz-Grün reden: „Grundsätzlich möchte ich es nicht ausschließen, aber es ist in Bayern doch sehr unwahrscheinlich. Wir sind inhaltlich weit auseinander.“ Die Werte teilt man mit der CSU, die Inhalte aber nicht? Für Daxenberger ist der Widerspruch kein Problem: „Wir wollen die CSU mit ihren eigenen Waffen schlagen.“

Weil es alleine mit den 7,7 Landtagsprozent aber doch nicht geht, „sind wir auf der Suche nach anderen bürgerlichen Partnern. Denn Rot-Grün wird es niemals geben im Freistaat“, erklärt Daxenberger. Zu schwach und kraftlos liege die SPD da seit vielen Jahren. Nach dem grünen Vorstoß fürchtet die übrigens, gänzlich unterzugehen: „Ziel der Oppositionsparteien darf es nicht sein, sich bei der CSU anzuwanzen“, schimpft der rote Fraktionschef Franz Maget. Das Ziel sei der gemeinsame Regierungswechsel.

In der großen CSU verweist man dagegen gelassen auf die 66 Prozent bei der letzten Landtagswahl. Da ist man auf der sicheren Seite – trotz Stoibers jüngst geäußertem Wunsch nach einer vierten Ministerpräsidentschaft. Vielleicht wäre die aber gar nicht schlecht für die Grünen, denn vielleicht gilt dann noch die Losung, die der CSU-Chef am 9. Oktober vergangenen Jahres ausgegeben hat: „Schwarz-Grün kann vielleicht einmal eine Zukunftslösung sein, aber das muss sich erst entwickeln.“ MAX HÄGLER