Größte Proteste seit 1998

AHAUS 7.000 fordern im Westmünsterland – einem Cluster der Atomindustrie – mit einem Volksfest den sofortigen Ausstieg aus der Atomwirtschaft

AHAUS taz | Sonne, Musik, kostenloser Kaffee und Kuchen aus der „Volxküche“: Beinahe Volksfestcharakter hatten die Proteste in Ahaus. Über 7.000 Atomkraftgegner demonstrierten am Samstag nicht nur gegen das nur vier Kilometer vom Ortskern entfernte Atommüll-Zwischenlager – sondern für einen Atomausstieg „weltweit und sofort“.

Im Westmünsterland waren das die größten Proteste seit den Castor-Transporten des Jahres 1998. Unterstützt von Künstlern wie Udo Lindenberg hatte ein Bündnis aus über 150 Initiativen zu der Demonstration aufgerufen. Aus mehr als 60 Städten in ganz Nordrhein-Westfalen rollten Busse in das nicht einmal 40.000 Einwohner zählende Städtchen an der niederländischen Grenze.

Zwei Wochen vor den Wahlen im größten Bundesland zeigten auch PolitikerInnen wie die Grünen-Chefin Claudia Roth und der Landeschef der Linken, Wolfgang Zimmermann, Präsenz: Die Wahlen sind auch eine Abstimmung über die Zukunft der Atomenergie. Sollten CDU und FDP ihre Mehrheit verlieren, ist die schwarz-gelbe Mehrheit im Bundesrat dahin – und Grüne wie Linke lehnen längere Laufzeiten für die deutschen Atomkraftwerke kategorisch ab. „Wir werden keiner Laufzeitverlängerung zustimmen“, versprach die Landesvorsitzende der Grünen, Daniela Schneckenburger. Doch die AktivistInnen forderten mehr, wollen die Atomindustrie aus dem Westmünsterland vertreiben. Die strukturschwache Region zwischen NRW, den Niederlanden und Niedersachsen ist ein Cluster der Atomenergie. Im nur 25 Kilometer entfernten Gronau läuft Deutschlands einzige Urananreicherungsanlage, mit der nicht nur AKW mit Brennstoff versorgt werden – die Anlage kann der Bundesrepublik in kurzer Zeit zur Atombombe verhelfen.

Jenseits der Grenze betreiben die Niederlande eine ähnliche Fabrik, und im niedersächsischen Lingen wird das angereicherte Uran zu Brennstäben verarbeitet. Auch das AKW Emsland liegt gleich hinter der Landesgrenze. ANDREAS WYPUTTA