ÖPVN auf Abstellgleis

Weil der Bund ihre Mittel kürzen will, rechnen NRW-Verkehrsverbünde mit dem Schlimmsten: Jeder fünfte Nahverkehrszug könnte wegfallen. SPD-Fraktion wirft Landesregierung Untätigkeit vor

VON GESA SCHÖLGENS

Die Verkehrsverbünde in NRW stellen sich auf drastische Einbußen ein. Grund ist die vom Bund geplante Kürzung der Regionalisierungsmittel um 3,3 Milliarden Euro bis 2010. Für NRW könnte das einen Verlust von 517 Millionen Euro bedeuten. Die Zweckverbände rechnen damit, dass in der Folge jeder fünfte Zug im Nahverkehr entfallen könnte.

Nicht nur die Fahrgäste litten unter der Ausdünnung der Infrastruktur. „Auch das ganze Schienensystem wäre unwirtschaftlicher, weil die Trassen weniger ausgelastet sind“, sagte Burkhard Bastisch, Geschäftsführer des Zweckverbands Rhein-Lippe (ZRL). Der ZRL rechnet damit, in der Region sogar ein Viertel der Züge und Bahnen im Nahverkehr einstellen zu müssen. „Die Kürzungen betreffen auch Buslinien“, sagte Bastisch. Dabei habe das Flächenland NRW absoluten Nachholbedarf, was den Ausbau des ÖPVN angehe.

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) hat bereits mögliche Szenarien durchgespielt, an welchen Stellen Strecken stillgelegt werden könnten. Betroffen wären vor allem das nördliche Ruhrgebiet, ländliche Regionen und kleinere Bahnhöfe.

„Der ländliche Raum wird um jeden Zugkilometer kämpfen“, sagte Klaus Czuka, Geschäftsführer des Nahverkehrsverbunds Padernborn/Höxter. Man werde aber noch keine Linien offen zur Disposition stellen, um die Fahrgäste nicht zu verunsichern.

Das sieht der Verkehrsbund Rhein-Sieg (VRS) ähnlich. „Bis jetzt ist auch noch nicht absehbar, in welcher Höhe gespart werden muss“, sagte Sprecherin Ariane Weber. Der VRS geht aber davon aus, dass erst ab 2007 gekürzt wird: Für 2006 seien bereits alle Fahrpläne erstellt.

Die SPD-Fraktion warf NRW-Verkehrsminister Oliver Wittke (CDU) vor, er wehre sich zu wenig gegen die Pläne des Bundes. Die Verkehrsverbünde hätten die Fahrpreise im Schnitt bereits um 5,9 Prozent erhöht, so Fraktionsvize Axel Horstmann. Es fehle an Wettbewerb und Effizienz. „Die Interessen der ÖPVN-Nutzer bleiben auf der Strecke“, sagte Verkehrspolitiker Bodo Wißen.

Das NRW-Verkehrsministerium wehrte sich gegen die Vorwürfe. Man werde sich dafür einsetzen, dass es 2006 keine Kürzungen gebe, sagte Sprecher Stephan Heuschen. Möglich sei aber, ab 2007 auf die jährliche Anhebung der Regionalisierungsmittel zu verzichten. „Das würde keine großen Einschnitte bedeuten“, so Heuschen. Zu möglichen Folgen der Kürzungen wollte sich das Ministerium nicht äußern: „Noch liegt kein Beschluss vor. Das ist alles spekulativ.“ Anfang Juli wird der Bundesrat über die Regionalisierungsmittel entscheiden.

Die Bundesländer haben sich bei einer Verkehrsministerkonferenz Mitte März zunächst einstimmig gegen Kürzungen in 2006 ausgesprochen. Sie fordern, dass zuerst im Rahmen der anstehenden Revision des Regionalisierungsgesetzes der Bedarf der einzelnen Länder ermittelt werden müsse. Der Bund will die Mittel kürzen, da die Länder die Gelder angeblich nicht wie vorgesehen in den Ausbau des Nahverkehrs stecken. Dies sei in NRW aber nicht der Fall, versicherte das Verkehrsministerium.