Piratenschiff mit Erfolg geentert

Greenpeace-Aktivisten besetzen ein Kühlschiff, das illegalen Fisch transportierte. Durch verbotene Fischfänge entsteht ein Schaden von bis zu 4 Milliarden Dollar

BERLIN taz ■ Fast 150 Stunden harrten Greenpeace-Aktivisten auf den Masten und Kränen des Kühlschiffes „Binar 4“ vor dem kanarischen Hafen Las Palmas aus. Gestern hatten sie schließlich Erfolg: Die spanischen Behörden wollen nun die rund 200 Tonnen Fisch beschlagnahmen, die illegal vor dem westafrikanischen Guinea gefangen worden waren. Die Umweltschutzorganisation Greenpeace hatte das Transportschiff von dort bis Gran Canaria verfolgt, wo die Fische auf den europäischen Markt geschleust werden sollten.

Die „Binar 4“ ist nur ein Beispiel unter vielen. Jährlich werden weltweit 100 Millionen Tonnen Fisch gefangen, berichtet der Meeresbiologe Thilo Mack von Greenpeace. 20 Prozent davon würden illegal gefischt – vor allem vor der westafrikanische Küste und seit einigen Jahren auch im Südpazifik. „Dort haben wir noch vergleichsweise intakte Thunfischbestände“, sagt Mack, „doch die werden eher in zehn als in zwanzig Jahre verschwinden.“ Der Umsatz bei der illegalen Fischerei wird auf bis zu 4 Milliarden Dollar jährlich geschätzt.

Die so genannten Piratenschiffe sind weniger romantisch, als der Name verspricht. Auf den industriellen Fangschiffen arbeiten nicht selten völlig entrechtete Menschen. Oft wird ihnen der Pass abgenommen, ein Arzt ist nicht an Bord, und die Arbeitsbedingungen verletzen internationale Standards. Meistens fahren die Schiffe unter der Flagge von Ländern, die sie kaum kontrollieren oder internationale Übereinkommen zum Schutz des Fischbestände nicht unterzeichnet haben. Vor allem Belize, Honduras und Panama versuchen so, ihre bescheidenen Staatseinnahmen zu erhöhen. Die Schiffe selbst gehören jedoch europäischen, US-amerikanischen oder japanischen Firmen, die ihre Produktionskosten verringern und mit dem Preisdumping Fischer unter Druck setzen, die sich an internationale Standards halten.

Bei der Einfuhr in die EU benötigen die Schiffe Lizenzen, doch die Kontrollmechanismen sind in Europa völlig unzureichend, wie Mack bemängelt. Meistens besitzen die Transportschiffe zwar Lizenzen; ihre Ware stammt jedoch von Piratenfischern und wird auf hoher See verladen. ANNA DOBELMANN