„Ich muss hier etwas tun“

Günther Hoffmann, bis vor kurzem Leiter einer Civitas-Stelle in Anklam, kennt die boomende rechte Szene in Ostvorpommern wie kein Zweiter. Doch die Bundesregierung will ihm nun das Geld kürzen

taz: Herr Hoffmann, seit Jahren kämpfen Sie in Ostvorpommern gegen Rechtsextremismus, doch die Szene wird immer stärker. Warum tun Sie sich das an?

Günther Hoffmann: Ich denke, es ist eine Selbstverständlichkeit, gegen antidemokratische Tendenzen vorzugehen. Gerade im ländlichen Bereich besteht eine große Notwendigkeit, weil sich die Menschen dort mit dieser Problematik kaum auseinander setzen.

In einem Dorf hat die NPD bei den Bundestagswahlen sogar 17,2 Prozent geholt. Was kann man gegen den Trend machen?

In erster Linie müssen die Politiker den ländlichen Raum in den Fokus nehmen. Rechtsextremismus ist nämlich nicht nur in Ostvorpommern präsent, sondern auch im Saarland und in Teilen Bayerns. Überall, wo wir es mit massiven Abwanderungen und dem Abbau von lokaler Infrastruktur zu tun haben.

In Ihrem Job gibt es keine Planungssicherheit. Die Arbeitsverträge laufen am Jahresende aus. Sagt die Familie nicht irgendwann: „Such dir doch einen sicheren Job!“?

In der Tat habe ich keine große Perspektive. Aber in Ostvorpommern sind Jobs ohnehin unsicher. Es sei denn, man arbeitet im öffentlichen Dienst.

Viele engagierte Leute haben aufgegeben, weil sie sichere Jobs wollen. Warum Sie nicht?

Ich muss hier etwas tun. In Ostvorpommern sind wir dünn gesät. Deshalb ist es ein Stück gesellschaftliche Verantwortung, die man übernimmt.

Wie schwierig ist die Zusammenarbeit mit örtlichen Institutionen?

Das hängt sehr von den einzelnen Personen ab. Es gibt Leute, die das Thema ernst nehmen. Die sind aber nicht sonderlich weit verbreitet. Andererseits haben wir auch viele, bei denen man hartnäckig sein muss. Das hängt damit zusammen, dass rechte Strukturen sehr gut ausgebaut sind und die einzelnen Personen zum Teil mit Rechtsextremisten verwandt sind.

Gehen Sie denen so lange auf die Nerven, bis sie Sie unterstützen?

Letztendlich kann man das so ausdrücken. Ich versuche aber, den Leuten nicht auf die Nerven zu gehen, sondern sie zu überzeugen.

Wenn es nach dem Familienministerium geht, werden Sie für Ihre Arbeit ab 2007 weniger Geld zur Verfügung haben. Was werden Sie tun?

Soweit ich weiß, sind die Planungen noch nicht ganz ausgereift. Aber es wäre schon hart, wenn Gelder gekürzt würden. Außerdem befürchte ich, dass die Förderung von mobilen Beratungsteams, Opferberatung und Netzwerkstellen zum Jahresende ausläuft.

Seit Ende Januar sind Sie nicht mehr Leiter der Civitas-Stelle in Anklam. Wie kämpfen Sie derzeit gegen rechts?

Momentan bin ich bei einem Rechercheprojekt beschäftigt, das sich mit antidemokratischen Tendenzen im östlichen Mecklenburg-Vorpommern beschäftigt. Das ist befristet bis Jahresende. Dann sehe ich weiter.

INTERVIEW: MAURITIUS MUCH