Opfer ringt mit dem Tod

Bundesregierung zeigt sich erschüttert über den fremdenfeindlichen Mordanschlag. Schönbohm hingegen zweifelt an rechtem Hintergrund

Auch drei Tage nach dem rassistischen Mordanschlag auf den 37-jährigen Deutschäthiopier in Potsdam gibt es von den Tätern noch keine konkrete Spur. Die Hinweise seit Veröffentlichung des Stimmenmitschnitts der mutmaßlichen Täter hätten zwar erheblich zugenommen, sagte ein Sprecher der Potsdamer Polizei. Die Schläger bleiben jedoch unbekannt. Die eigens zur Aufklärung dieses brutalen Übergriffs eingerichtete Sonderkommission „Charlottenhof“ wurde inzwischen von 12 auf 25 Beamte aufgestockt.

Als der aus Äthiopien stammende Ingenieur, der seit 19 Jahren in Deutschland lebt, am Ostersonntag zusammengeschlagen wurde, lief die Handy-Mailbox seiner Ehefrau. Auf dem Mitschnitt sind die Schläger unter anderem mit „Scheißnigger!“-Rufen zu hören. Die Stimmen sind über die Telefonnummer (03 31) 28 35 37 77 abrufbar.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) verurteilte den Überfall gestern als „abscheuliche und menschenverachtende Tat“. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) sagte, die Gesellschaft müsse klar machen, dass sie solche „fremdenfeindlichen Exzesse“ mit aller Entschiedenheit ablehne. Er kündigte eine schonungslose Aufklärung des Verbrechens an. Generalbundesanwalt Kay Nehm höchstpersönlich hat die Ermittlungen an sich gezogen.

Nur an Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm (CDU) scheint vorbeigegangen zu sein, um was für eine Tat es sich handelt. Trotz der eindeutig dokumentierten rassistischen Beschimpfung äußerte er Zweifel an einem rechtsextremen Hintergrund. „Ich weigere mich, irgendwelche voreiligen Schlussfolgerungen zu ziehen“, sagte Schönbohm. Dass es einen Zusammenhang zwischen der Tat und der schwarzen Hautfarbe des Opfers gebe, könne lediglich vermutet werden.

Der Deutschäthiopier schwebt nach Angaben des Potsdamer Klinikums wegen seiner schweren Schädel-Hirn-Verletzung weiterhin in Lebensgefahr. Er liegt im künstlichen Koma auf der Intensivstation. Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) und der Verein „Brandenburg gegen Rechts!“ riefen zu Spenden für die Angehörigen des Opfers auf. FELIX LEE