In der Ruhe liegt der kurzfristige Erfolg

DRITTE LIGA Auch wenn längst nicht alles klappt: Dem VfL Osnabrück könnte es erheblich schlechter gehen

Die Osnabrücker Schwächen offenbarten sich vor dem gegnerischen Tor

Der Blick auf die Tabelle schockiert die einen und lässt die anderen staunen: In der dritten Fußball-Bundesliga hält sich der VfL Osnabrück auf den vorderen Plätzen, ist mittlerweile sogar punktgleich mit den Aufstiegskandidaten Leipzig und Wehen-Wiesbaden. Das hatte vor der Saison keiner erwartet – und selbst jetzt möchte nicht jeder der Lage trauen. Denn nach dem verpatzten Aufstieg hatten die Osnabrücker ein Übergangsjahr ausgerufen. Aufbauen wollte man junge Spieler, vornehmlich aus der VfL-eigenen Nachwuchsabteilung.

Aller klammen Kassenlage zum Trotz füllte Trainer Maik Walpurgis den Kader dann aber mit Spielern von Mannschaften aus der vierten und der unteren dritten Liga auf. „Das Wichtigste ist das Ökonomische, erst dann kommt die Qualität“, erklärt der 39-Jährige. Und so hatte wohl niemand ernsthaft erwartet, dass die Lila-Weißen über das Ligamittelfeld hinauskommen würden. Was dabei auf der Strecke zu bleiben droht, ist der langfristige Aufbau eines Teams mit Talenten. So lieh man beispielsweise den U-20-Nationalspieler Erik Zenga lediglich von Leverkusen aus – nachhaltige Planung sieht anders aus.

Erfolgreicher Fußball aber auch. Arg schwankend ist das Osnabrücker Leistungsniveau, gegen RB Leipzig überzeugte der VfL mit kämpferischem Einsatz, um dann gegen den Erzrivalen aus der Nachbarstadt Münster mit viel Mühe ein 1:1 hinzukriegen. Am Samstag nun dominierte Osnabrück aber das bis dahin zweitplatzierte Wehen-Wiesbaden und erzielte ein 1:0 (0:0).

Dabei zeigte Walpurgis’ Mannschaft ihre Stärken: guter und oft intelligenter Spielaufbau sowie hohe Laufbereitschaft in der Abwehr. Die Osnabrücker Schwächen offenbarten sich vor dem gegnerischen Tor: Da wurde der Ball hin und her geschoben, ein Haken und noch einer, bis er weg war, der Ball, und die Torchance auch.

Eindrucksvoll demonstrierte das etwa der Stürmer Adriano Grimaldi (48. Minute): Nach Doppelpass mit Dennis Wegner stupste er den Ball sechs Meter vor dem Tor vier, fünf Mal an, bis Maximilian Ahlschwede endlich ein Einsehen hatte – und ihn von den Beinen holte. Den anschließenden Elfmeter von Michael Hohnstedt konnte Wiesbadens Michael Gurski bequem halten.

Wegner hatte dann in der 64. Minute mehr Durchsetzungsvermögen und köpfte den Ball nach einer Ecke von Daniel Nagy zum einzigen Treffer des Spiels. „Wir haben über 90 Minuten schon ein sehr gutes Spiel gezeigt, hatten eine gute Ballzirkulation. Es fehlte uns nur das Tor“, analysierte anschließend Trainer Walpurgis. Richtig ist aber auch, dass der VfL nur deshalb auf Platz vier steht, weil außer Leipzig und Heidenheim den meisten Teams auch auf den oberen Rängen die Qualität fehlt. Da sieht sogar das halbgare Osnabrücker Aufbauprogramm halbwegs gut aus.

Aber wichtiger ist vielleicht, dass nach dem turbulenten Weggang von Trainer Claus-Dieter Wollitz und der Aufdeckung der Schuldensituation in der vergangenen Spielzeit wieder Ruhe im Verein eingekehrt zu sein scheint. „Es ist ja bekannt, dass wir eine schwierige Phase hatten. Wir sind gemeinsam durch diese schwere Zeit gegangen, insgesamt hat alles sehr gut gepasst“, so fasst es Walpurgis zusammen. Und: „Die Mannschaft spiegelt das Innenleben des Vereins wider.“  HEIKO OSTENDORF