Der Schnappschuss vom Braunbären als neues Renditemodell

GELD Safari an den Rändern Europas: Wie Frans Schepers mit zwölf Feldbetten im exklusiven Luxuszelt aus der Wildnis Geld schöpfen möchte

SALAMANCA taz | Wildnis ist auch ein Kapital und birgt deswegen Profite. Den Schatz in Europa heben will die niederländische Stiftung Rewilding Europe, zu deren Gründern die Risikokapitalgesellschaft Conservation Capital gehört. Der Plan der Naturinvestoren hört sich unternehmerisch kühn an, doch Rewilding-Europe-Direktor Frans Schepers vermittelt den Eindruck einer Marktlücke in Wald, Bergen und auf Brachen. „Wir entwickeln ein neues Tourismusangebot für Europa und öffnen einen völlig neuen Markt“, sagt Schepers. Schepers will Wildnisgebiete in Europa entwickeln und dort Naturfreunde in Lodges und Zeltlagern in der Wildnis beherbergen, luxuriös bewirten und ihnen exklusive Momente in der Natur bescheren. Es geht um Wildnis für das Gefühl und den Fotoapparat, Luxus für die Sinne.

Bis 2030 werden zwischen Portugal im Westen und Lettland im Osten Europas 12 bis 18 Millionen Hektar Landwirtschaftsfläche frei. Die Regionen sind schon jetzt dünn besiedelt, es ist zu vermuten, dass noch mehr Menschen aus den einsamen und dann vollends unwirtschaftlichen Gebieten wegziehen.

Wo sich die Zivilisation zurückzieht, kehrt die Wildnis zurück. Und damit haben auch die Tiere wieder Platz, die Menschen des 21. Jahrhunderts gern beobachten: Bären, Wölfe, Elche, Fischotter, Adler, Geier. Tiere, die nicht von allein zuwandern und die Gebiete nutzen, werden angesiedelt. Dazu zählen dann nicht nur die genannten Arten, sondern auch die europäischen Büffel, Wisente und Wildpferde.

Drei Jahre haben Schepers und seine Mitstreiter an dem Konzept gearbeitet. 2011 haben sie mit der Stiftung und dem Unternehmen Rewilding Europe losgelegt. Um die Europäer zunächst einmal für die Wildnis im Hinterhof zu faszinieren, von der sie bislang gar nichts ahnten, ist Rewilding Europe mit einer Ausstellung von hochprofessionellen Tier- und Landschaftsfotografien durch europäische Großstädte getourt. Mittlerweile hat Schepers ein Team von Naturschützern, Biologen und Wildnisfreunden in den europäischen Ländern aufgebaut, die für die ersten Projekte arbeiten. Dazu zählen etwa das Donaudelta in Rumänien, die Karpaten in Polen und eine Region der Extremadura zwischen Spanien und Portugal, die bereits eine der am dünnsten besiedelten Gegenden Europas ist. In dem Gebiet rund um die Flüsse Tajo und Duerro erstrecken sich riesige Steineichen- und Korkeichenwälder, Buschsteppen und Flusslandschaften. Vier Naturparks, ein Nationalpark und mehrere Naturschutzgebiete erhalten die natürliche Vielfalt. Die Region zählt zu den sogenannten Hotspots der Biodiversität weltweit und ist einer der letzten Lebensräume des Iberischen Luchses.

Mit einem privaten Naturschutzgebiet in der spanischen Extremadura will Schepers anfangen. Über die Investitionssumme für ein exklusives Zeltcamp mit zwölf Feldbetten in der Wildnis schweigt Schepers, aber er erwartet eine Rendite von 5 bis 7 Prozent. Ihm schwebt eine Art Safari-Gesellschaft für Europa vor, mit der Naturfreunde eine Tour von Kroatien bis Portugal unternehmen können. In dieser Art von Wildnisentwicklung sieht er auch eine zukunftsfähige Finanzierungsmöglichkeit für Naturschutzorganisationen.

„Die Organisationen haben es nicht geschafft, sich selbst zu finanzieren“, sagt Schepers. Spenden sammeln und die Natur schützen könne kein wirtschaftliches Konzept sein. Schließlich seien Investoren weltweit bereit, mehrstellige Millionensummen in Wildnis und Naturentwicklung zu investieren. „Bislang haben wir als Naturschützer versagt“, sagt Schepers, der völlig unideologisch fordert: „Der Naturschutz muss Teil der Wirtschaft sein.“ Zehn Jahre hat er sich vorgenommen, um mehr Wildnis in Europa zu schaffen und sein Unternehmenskonzept umzusetzen. Denn: „Diese Art zu denken erfordert einen sehr offenen Geist.“ ULRIKE FOKKEN