Weck die Tussi in dir!

Für ihre Rolle in der neuen Multikulti-Sitcom „Alle lieben Jimmy“ (21.45, RTL) durfte VJane Gülcan Karahanci ganz tief in den Schminktopf greifen – nichts einfacher als das! Außer reden natürlich

Ein Ziel, das Gülcan in zehn Jahren gern erreichen würde? Vielleicht „Wetten dass …?“ moderieren. „Da würde ich nicht Nein sagen“

VON BETTINA SCHULER

Während sich 2003 neun Kandidaten fast die Köpfe einschlagen, weil sie unbedingt Deutschlands erster Superstar sein wollen, nimmt eine junge Lübeckerin deutschtürkischer Abstammung aus Jux und Tollerei an einem Casting des Musiksenders Viva teil und wird vom Fleck weg engagiert. Dabei wollte Gülcan Karahanci doch eigentlich etwas Ordentliches lernen und BWL studieren, um später als Maklerin den Leuten Wohnungen anzudrehen. Was man sich auch ziemlich gut vorstellen kann, wenn man sieht mit welcher Begeisterung die 23-Jährige jeden noch so schlechten Clip anpreist.

An dem Casting hat Gülcan, die während ihrer Schulzeit jede Bühne und jedes Referat scheute, eigentlich nur wegen ihrer Schwester teilgenommen, die davon überzeugt war, dass sie nicht ins Immobilienbüro, sondern ins Fernsehen gehört. Und weil man bei der ganzen Sache auch noch ein neues Handy gewinnen konnte, dachte sich das Plappermäulchen: „Ich bin die klügere Zahnbürste“ – und gab nach.

Jetzt ist sie schon seit fast drei Jahren bei Viva und moderiert mit ihrem unverwechselbaren norddeutschen Dialekt plus kölschem Charme die Karaokesendung „Shibuya“, „Jung, sexy sucht“, die tägliche Sendung „Viva Live“ und vieles mehr. Ganz nebenbei tritt Gülcan als Laudatorin bei der Bambi-Verleihung auf, übt sich mit Jenny Elvers-Elbertzhagen und anderen Prominenten in der RTL-Show „Teufels Küche“ am Herd, übernimmt eine Rolle in der ZDF-Serie „Soko 5113“ und nimmt 2003 eine Single mit dem türkischen Popstar Mustafa Sandal auf. Dabei wollte die von den Lesern der Zeitschrift Maxim gewählte Woman of the Year 2005 eigentlich direkt nach der Castingaufzeichnung abhauen, weil sie „sicher war, dass sie nicht gewonnen hat“. Doch ein recht aufdringlicher junger Herr hinderte sie am Gehen: „Ich dachte, der will was von mir und baggert mich an.“ Eine Portion Pommes und mehrere Tassen Kaffee später stellte sich heraus, dass ihr Bewunderer von Viva abgestellt wurde, um die damals 20-Jährige daran zu hindern, vor dem Finale abzuhauen. „Das waren alles tausend Zufälle auf einmal. Ich wäre zehnmal abgehauen.“

Ab heute ist die quirlige Moderatorin, die der Kölner liebevoll als „lecker Mädschen“ bezeichnen würde, in ihrer ersten durchgehenden Serienrolle als Supertussi Leyla in „Alle lieben Jimmy“ zu sehen, in der sich alles um die in Deutschland lebende türkische Familie Arkadas und ihren heranwachsenden Sohn Jimmy (Eralp Uzun) dreht. Und die in Thematik und Art, wie mit Vorurteilen und Klischees gespielt wird, stark an die kürzlich gesendete ARD-Serie „Türkisch für Anfänger“ erinnert. Nur dass RTL mehr auf Comedy und Slapstick setzt als auf Schärfe. Für Gülcan war es ein Leichtes, Jimmys aufgetakelte Schwester Leyla zu spielen. „Man muss einfach den ganzen Tag Tussi spielen, mit Make-up zu tun haben und sich die Haare machen. Einfacher geht’s ja wohl für ein Mädchen nicht.“ Denn die 1,62 Meter große Moderatorin ist davon überzeugt, dass „in jedem Mädchen irgendwie eine Tussi steckt“. Und auch die trubelige Familienkonstellation „mit Geschwister piesacken und behütet an einem See aufwachsen“ war für Gülcan, die selbst drei Geschwister hat und an der Ostsee aufgewachsen ist, nichts Unbekanntes. „Natürlich sind die Arkadas nicht eins zu eins wie meine Familie, aber ich habe mich da wohl gefühlt.“

In den Klischees und Vorurteilen, die in der RTL-Serie auf die Schippe genommen werden, sieht die Deutschtürkin, die selbst nie besonders streng oder religiös erzogen wurde, nichts Verletzendes: „Vor zehn Jahren hätten sich sicher viele auf den Schlips getreten gefühlt. Aber ich denke, heute sitzen eher die ganzen Türken, Italiener und Polen vor dem Fernseher und finden das witzig.“ Überhaupt müsse man das Leben mit Humor nehmen und auch mal über sich selber lachen können. Denn: „Wenn man über andere lachen kann, dann muss man auch über sich lachen können! Wenn ich über alles heulen würde, was über mich Böses und Gemeines verbreitet wird, würde ich nur noch mit dem Taschentuch da sitzen und reinrotzen“, sagt Gülcan, die nach zwei Jahren Köln jetzt mit ihrem Freund, dem Großbäckersohn Sebastian Kamps, in Düsseldorf wohnt.

Ein Ziel, das Gülcan in zehn Jahren gern erreichen würde? Vielleicht „Wetten dass …?“ moderieren. Als Wettprofi Thomas Gottschalk in seiner Sendung die halbe Nation in den April schickte und vom Aufhören redete, hatte sie sich schon ein bisschen gefreut. „Eine eigene Sendung zu haben mit wirklich coolen Weltstars, das ist natürlich der Traum von jedem Moderator. Da würde ich nicht Nein sagen!“ Und wenn’s mit dem Moderieren und der Schauspielerei irgendwann doch vorbei sein sollte? Dann würde sie halt doch BWL studieren. Eine gute Maklerin wär sie allemal. Eine gute Moderatorin ist sie schon.