Fußballfan klagt sich ins Viertelfinale

Amtsgericht Frankfurt gibt Internetkäufer Recht: Er darf seine zwei Tickets nutzen, die er bei eBay ersteigert hatte. Dieses Urteil sei allerdings ein „Einzelfall“. Gericht warnt vor weiteren Klagen – die Zeit bis zur WM würde für Urteile nicht mehr reichen

AUS BERLIN MAURITIUS MUCH

Björn Kracht ist ins Viertelfinale der Fußball-WM eingezogen. Dabei galt der 33-jährige Fußballfan aus Essen als krasser Außenseiter. Seine übermächtigen Gegner waren der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und das WM-Organisationskomitee (OK). Trotzdem gewann er: vor dem Amtsgericht Frankfurt am Main. Kracht und seine Lebensgefährtin dürfen nach dem Urteil zwei Eintrittskarten für das Viertelfinalspiel in der Gelsenkirchener WM-Arena am 1. Juli behalten.

Zur Vorgeschichte: Im September 2005 hatte Kracht die Option auf die beiden Karten über das Internetauktionshaus eBay für insgesamt 880 Euro ersteigert. Die beiden Eintrittskarten hatten ursprünglich zusammen nur 110 Euro gekostet und werden wie alle anderen Tickets erst ab Ende April vom Organisationskomitee zugestellt. Im Oktober hatte sich Kracht an DFB und OK gewandt, weil er die Karten auf seinen Namen übertragen lassen wollte. Beide Institutionen lehnten ab, denn Karten dürften nur aus einem „triftigen Grund“ weitergereicht werden – und auch nur an Verwandte oder Freunde.

Das Gericht sieht in seinem gestrigen Urteil aber keine Grundsatzentscheidung, die den Handel mit WM-Tickets im Internet erlaubt. Vielmehr handele es sich um eine „Einzelfallentscheidung“, sagte der Vizepräsident und Sprecher des Gerichts, Bernhard Olp. Denn der Kläger habe die Tickets zu einem Zeitpunkt gekauft, als DFB und OK noch keine offizielle Tauschbörse eingerichtet hatten. Seit Ende März aber besteht die Möglichkeit, Tickets zurückzugeben oder auf andere Personen umschreiben zu lassen. Angekündigt wurde die Tauschbörse im vergangenen Oktober.

Gerichtssprecher Olp rät von weiteren Klagen ab: „Wenn jemand durch dieses Urteil auf die Idee kommt, seine bei eBay erworbenen Kartenoptionen vom DFB nachträglich bestätigen zu lassen, wird er schon aus zeitlichen Gründen nicht durchkommen“, sagte er der taz. Denn bis zur WM sind es nur noch anderthalb Monate. So schnell werde eine Klage nicht behandelt.

Das OK zeigte sich enttäuscht von dem Urteil. Das Gericht habe der Geschäftemacherei eines Einzelnen Rechnung getragen. Ob man in Berufung gehen werde, sei noch unklar, sagte OK-Sprecher Gerd Graus der taz. „Wir wollen dieses Einzelfallurteil erst genau prüfen.“

eBay Deutschland begrüßte dagegen die Entscheidung des Frankfurter Amtsgerichts. Damit sei der Handel von WM-Tickets im Internet zulässig, teilte das Unternehmen in Berlin mit. Das sieht Gerichtssprecher Olp anders: „Ich kann jedem nur dringend abraten, Karten bei eBay zu kaufen.“ Diese Warnung kann Björn Kracht egal sein. Sein WM-Traum hat sich gestern erfüllt.