berliner szenen Streikende Scanner

Wir sind die Günstigsten

Der Mann ist gut gelaunt. „Guten Tag. Schönes Wetter, wa?“, sagt er und zieht meine Einkäufe über den Scanner. Auf seinen Unterarmen ausgeblichene Tattoos. „Schon“, sag ich und packe alles hastig in meinen Rucksack. Die Kassenschlange ist lang, und Platz zum Einpacken hat man auch nicht. Bei Lidl einkaufen ist Stress.

Auf seiner Brille hat der Mann viele fettige Fingerabdrücke. Vielleicht schaut er deshalb so angestrengt auf die Kassenanzeige. Schokolade, Marmelade, Parmesan, Tortellini, rote Paprika. Bei den roten Paprika fängt die Kasse an zu fiepen. Die eingebaute Waage will die Paprika nicht wiegen. Der Mann hämmert auf der Tastatur seiner Kasse rum. Schließlich ist die Schlange lang und die Zeit knapp. Der Mann ist immer noch gut gelaunt. „Kommt öfter vor“, sagt er und schaut mich durch seine fettige Brille an. Die Kasse fiept. Er prügelt weiter darauf ein. Dann hört das Fiepen auf. Es geht weiter. Spaghetti, Petersilie, Lauchzwiebeln.

„2 Euro 34“, sagt der gutgelaunte Mann mit der fettigen Brille. „Zwei vierunddreißig?“, sage ich und deute auf meinen prall gefüllten Rucksack. „Das kann gar nicht sein.“ Der Mann ist plötzlich nicht mehr ganz so gut gelaunt. „Doch. Wir sind die Günstigsten. Günstiger als Aldi.“ Offenbar fühlt er sich von mir angegriffen. „Zwei vierunddreißig? Bei dem ganzen Zeug?“, versuche ich noch einmal, den Mann davon abzuhalten, seinen eigenen Arbeitgeber zu bescheißen. „Wenn Sie’s mir nicht glauben, nehmen Sie den Zettel und und vergleichen Sie selber“, sagt er. Jetzt ist er richtig beleidigt. Auf dem Kassenzettel stehen Paprika, Spaghetti, Petersilie und Zwiebeln. „Echt günstig“, sag ich zu dem Mann. Da lächelt er wieder. PHILIPP DUDEK