Mäuse sind Versuchskaninchen Nummer eins

Allen Protesten zum Trotz: Die Zahl der Tierversuche steigt. Tierschützer fordern eine offensive Suche nach Alternativen

BERLIN taz ■ 11 Millionen Tiere werden in Europa jährlich zu Versuchszwecken gequält – 12 Prozent mehr als noch vor vier Jahren. Für Tierschutzorganisationen ein Beleg, dass etwas passieren muss. Anlässlich des internationalen Welttierversuchstags am Montag fordern sie deshalb endlich eine konsequentere Durchsetzung der so genannten 3-R-Regel, die bereits aus den Fünfzigerjahren stammt. Dabei geht es darum, die Zahl der benötigten Tiere zu vermindern („reduce“), die angewandten Methoden zu optimieren („refine“) und – wo möglich – die Tierversuche durch alternative Methoden zu ersetzen („replace“).

Auch in Deutschland ist die Zahl der Experimente in den letzten Jahren deutlich gestiegen. Nach Angaben des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz wurden allein im Jahr 2004 2,2 Millionen Tiere – darunter 1,3 Millionen Mäuse, eine halbe Million Ratten, über 100.000 Kaninchen, knapp 80.000 Vögel und etwa 165.000 Fische in Versuchslaboren eingesetzt. Im Jahr 2000 waren es noch 1,8 Millionen Tiere.

Wegen der geplanten Neuordnung des EU-Chemikalienrechts rechnet Maria Putzner von der Tierschutzorganisation „Vier Pfoten“ mit einem weiteren Anstieg. Nun müssten zahlreiche Chemikalien, die bereits auf dem Markt sind, ein weiteres Mal an Tieren getestet werden. Kritisch sei dabei vor allem, dass Industrie und Forschungslabors nicht gezwungen sind, ihre Ergebnisse untereinander auszutauschen. Dies könne dazu führen, dass verschiedene Institute an ähnlichen Projekten arbeiten und sich Versuche unnötig doppelten.

Die Organisation „Ärzte gegen Tierversuche“ beklagt vor allem, dass immer noch auch mit Primaten experimentiert wird, die die nächsten Verwandten des Menschen sind. Rhesusaffen und anderen Makakenarten, die über ausgeprägte intellektuelle und emotionale Fähigkeiten verfügen, würden in deutschen Labors unter oft grausamen Bedingungen zu Tode getestet. Auch hier liegt die Anzahl der Fälle nach den aktuellsten Zahlen von 2004 mit 1.777 höher als 1994, als es noch 1.625 waren. Je nach aktuellen Forschungsaufträgen kann der Bedarf schnell noch weiter ansteigen. 2001 etwa wurde mit 2.115 Affen experimentiert.

„Vier Pfoten“ verlangt von der Bundesregierung, „Verantwortung zu übernehmen und eine Forschungsoffensive für die oftmals sogar preisgünstigeren Alternativmethoden zu initiieren“.

BENJAMIN WÜNSCH

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