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Große Oper in kleinster Gala

THEATER Das Performing Arts Festivals „Pazz 2010“ zeigt 18 Produktionen aus acht Ländern. Große Bühnen braucht da fast keiner und die Zuschauer müssen bei manchem Stück gar in einer Kiste sitzen

Auf dem Sofa gaben sich Elfriede Jelinek und Sigmund Freud die Ehre

Glamouröse Galaabende sind in einer Stadt wie Oldenburg nicht allzu häufig. Dabei bräuchte man im Prinzip nur drei Dinge: Prominente Gäste, einen roten Teppich und die unvermeidliche Sponsorenwand, vor der es sich posieren lässt. Mit alldem konnten die Puppenspielerin Suse Wächter und die Neuköllner Oper aufwarten: Zum Auftakt des Performing Arts Festivals „Pazz 2010“ des Staatstheaters Oldenburg boten sie mit „Helden der Oper“ die „kleinste Gala der Welt“.

Wächters Karl-Marx-Puppe hatte zuvor in der nach ihm benannten Straße auf dem Berliner Kiez Spenden für die Gala eingesammelt. Und so tauchen auf der Sponsorenwand nicht die üblichen Verdächtigen, sondern Namen wie Kitty, Gitti und Mahmut sowie ein Handyshop, ein Friseursalon und die Blutwurstmanufaktur auf. Der Qualität der Gala tat dies keinen Abbruch: Auf dem Sofa gaben sich Größen wie Luciano Pavarotti, der sich zu einer Musical-Arie herabließ, Elfriede Jelinek, die der Oper übellaunig vorwarf, sie sei „bloße Männerfantasie“, da die Frauen in aller Regel am Ende stürben, sowie Michael Jackson oder Sigmund Freud die Ehre. Suse Wächter, Ulrike Eidinger und Melanie Lüninghöfer, die als Moderatorinnen, Puppenspielerinnen und Sängerinnen in Personalunion fungierten, verliehen der Miniaturgala dabei mehr Glanz und Witz, als man bei einer Bambi-Verleihung je erwarten dürfte.

In der zweiten Eröffnungsaufführung machte die deutsch-britische Gruppe „Gob Squad“ die Straße zur Bühne. In der mit vielen Improvisationselementen gespickten Performance „Super Night Shot“ zogen die vier mit Videokameras ausgestatteten Künstler eine Stunde vor der Aufführung los, um die Welt zu retten oder zumindest „etwas bei den Menschen zu bewegen“ – was in Oldenburg selbst an einem Samstagabend in der Innenstadt kein leichtes Unterfangen war. Unmittelbar im Anschluss an ihren Einsatz wurde das dabei entstandene Filmmaterial uraufgeführt, was jeden der mittlerweile über 100 „Super Night Shots“ zu einer einzigartigen Collage macht.

Insgesamt sind beim diesjährigen „Pazz“ 18 Produktionen aus acht Ländern zu sehen, das Programm umfasst rund 70 Punkte. Hauptspielort ist mit bis zu drei Veranstaltungen täglich die Exerzierhalle am Pferdemarkt, dazu gibt es auch im Staatstheater selbst und in der Kulturetage Aufführungen. Nicht immer ist dafür eine große Bühne nötig, manchmal reicht auch eine Kiste. Die „Bioboxen“ des kanadischen „Theatre Replacement“ etwa treiben das Prinzip des kleinstmöglichen Spielraums auf die Spitze: Ihre kurzen Einpersonenstücke werden in einer auf den Schultern des Darstellers getragenen Box gespielt, und in „Blackbox“ der britischen Gruppe „Boot Works“ ist es der Zuschauer, der in einer Kiste sitzt.

Das „Pazz“ hat bereits bei seiner Erstauflage 2008 über die Landesgrenzen hinaus ein hohes Maß an Aufmerksamkeit erzielt. Seine besondere Bedeutung liege in seiner Funktion als Vernetzungsbörse der Theaterszene, sagt Festivalleiter Thomas Kraus. In diesem Jahr wird Oldenburg damit erneut zu einer Drehscheibe der Szene: Mehr als 150 Theatermacher sind anlässlich des „Wanderlust“-Treffens der Kulturstiftung des Bundes beim Festival zu Gast. Und das ist doch schon mal eine Gala wert – auch wenn es die kleinste der Welt war. MAIK NOLTE

www.pazzfestival.de

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