Die Shakespeare Company dribbelt: Es war die Schwalbe, nicht die Lerche
Dass sich im Zuge der Fußball-WM alles mögliche – sogar die Stücke lange verstorbener britischer Dramatiker – promoten lässt, hat auch die Bremer Shakespeare Company erkannt. Während der Premiere von „Ein Königreich für einen Ball“ tauscht das Publikum Sammelbildchen von Rechtsaußen-Falstaff gegen zwei Stürmer-Julias, Ordner sortieren die Massen, bis jeder einen Sitzplatz hat. Wie passend. Sogar an englische Hooligans hat man gedacht. Sie stammen aus dem blutrünstigen „Titus Andronicus“. Wer dann aber folgerichtig ein Stück über Fußball erwartet, wird enttäuscht. Weder Fachgespräche über die Laktatwerte von Michael Ballack noch sprachlich miserable Fußballer-Zitate. Stattdessen reden Shakespeares Figuren wie, nun, wie Shakespeare-Figuren eben reden: Geschwollen, in Reimen und schlecht übersetzt. Fußi-Fans bis ins Mark sollten sich deshalb vor einem Theaterbesuch ein gewisses Maß an Halbwissen anlesen, um die Pointen zu verstehen. Ein Auslandssemester in Cambridge ist jedoch keine Voraussetzung, um sich beim „Königreich für einen Ball“ zu amüsieren. Lediglich Teamgeist wird vom Publikum erwartet. Einseitig interessierte Kultur- oder Fußballliebhaber werden das Theater hingegen mit dem irritierenden Gefühl verlassen, soeben zu Gast im Feindesland gewesen zu sein.
Jessica Riccò
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