KUNST

schaut sich in den Galerien von Berlin um

MEIKE JANSEN

Nicht immer sind KünstlerInnen und GaleristInnen darüber erfreut, wenn ausgestellte Werke aktuell an Relevanz gewinnen. So dürfte es auch Marco Polloni ergehen, mit dessen Fotowandinstallation bei Campagne Première eine neue Ausstellungsreihe startet. „Archäologien der Zukunft“ nimmt sich zum Anlass, Arbeiten zu zeigen, „die produktiv mit historischem Material umgehen, es verschieben und verändern“. So viel zum Arbeitsprozess. „Displacement Island“ ist eine 64-teilige Fotoverknüpfung, die bereits 2006 entstanden ist. Drei Gruppen von Menschen werden dargestellt, die die Insel Lampedusa prägen: die Einheimischen, die Touristen und die Flüchtlinge. Gemeinsam bilden sie eine Konstellation, bei der man sich als BetrachterIn nicht zwingend sicher ist, welche Perspektive man gerade einnimmt, was auch an der Auswahl von gefundenen Bildern, selbst geschossenen Motiven und Stills aus Filmen liegt. Das steigert die Verwirrung und treibt dazu, die eigene Projektionen zu hinterfragen. Denn jemand, der Lampedusa als touristischen Ort wahrnimmt und sich eher nicht mit Wirtschaft, Politik und dem damit verbundenen Flüchtlingselend auseinandersetzen will, wird auf das Meer schauen und sich seufzend romantischen Ideen hingeben. Jemand, der sich Lampedusa ausschließlich über Flüchtlingskatastrophen nähert, wird sich über die Schönheiten wundern, denn nicht alles ist Elend. Es ist aber ein elendiges Zusammenspiel. (Campagne Première, Di.–Sa. 11–18 bis 2. 11. Chausseestr. 116) Ansonsten wird es in Berlin ein relativ ruhiges Kunstwochenende. Viele ProtagonistInnen sind auf der Kunstmesse in Wien, die sich wachsender Beliebtheit erfreut, andere bereiten sich auf die Frieze in London vor. Warum also nicht das Wochenende nutzen und einen Ausflug nach Halle zum 20. Jubiläum des Werkleitz Festival unternehmen? Der Titel „Utopien vermeiden“ schien eines der spannendsten Medienkunstfestivals im Frühjahr zu überholen, als die Preisnitz und somit auch die diesjährigen Spielstätten schlichtweg absoffen. Nun kultivieren die 20 geladene KuratorInnen und die von ihnen geladenen KünstlerInnen eine Technikhalle. Ein Symposium, Performances, Filme und Konzerte aber auch Exkursionen in den Stadtraum bilden dieses Jahr ein dichtes Programm wie nie, dass nicht das Material, sondern Gesellschaftliches, Politisches wie Themen von Stadtentwicklung in den Fokus rückt. (Eröffnung: Sa., 12. 10., 18.30 Uhr, Technikhalle am Holzplatz1, Halle (Saale), 22.00 Uhr performances; So., 13.10. ab 11 Uhr: Gespräche zwischen KünstlerInnen und KuratorInnen; Infos: www.werkleitz.de)