Wie geht es uns, Herr Küppersbusch

Steuererhöhungen? Wenn die SPD den fragwürdigen Weg mitgeht, die Unternehmen aus den Sozialversicherungen zu entlassen, muss sie Vorschläge machen, wie das Land trotzdem Sozialstaat bleiben kann

Die „Studie“ der Bertelsmann-Stiftung zum Standort Deutschland unterscheidet sich nicht von anderen Lobbypapieren der Standortsekte

taz: Was war schlecht in der vergangenen Woche?

Friedrich Küppersbusch: Heillose Deutungskakofonie über den Anschlag in Potsdam.

Was wird besser in dieser?

Hoffentlich der Zustand des Opfers.

Viele reden vom Aufschwung, doch das Fazit der neuen Standortstudie der Bertelsmann-Stiftung ist ernüchternd: Im Vergleich der führenden Industrienationen ist Deutschland beim Wachstum Schlusslicht. Was macht Angela Merkel falsch?

Ich verstehe die Studie nicht, wo sie gleichzeitig ein unterdurchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen tadelt und zugleich die „moderate Lohnpolitik der letzten Jahre“ lobt. Ähnlich wird die horrende Altersarbeitslosigkeit beklagt und eine „vergleichsweise geringe Jugendarbeitslosigkeit“ gutgeschrieben. Gleichwohl werden munter Subventionsabbau, staatliche Ausgabenkürzung, Schonung der Arbeitgeber bei den Gesundheitskosten gefordert – ab da unterscheidet sich die „Studie“ nicht mehr von anderen Lobbypapieren der Standortsekte.

Da es mit der Wirtschaft nicht bergauf geht, sollen wenigstens die Steuern steigen. Bestimmt wird Kurt Beck auf dem Programmkongress der SPD heute auch darüber sprechen. Liegt er mit seinem Ansatz richtig?

Verstehe ich nicht als wirtschafts-, sondern als sozialpolitischen Ansatz: Wenn die SPD den fragwürdigen Weg mitgeht, die Unternehmen aus den Sozialversicherungen zu entlassen, muss sie Vorschläge machen, wie das Land trotzdem Sozialstaat bleiben kann. Das wird in der Meinungsdebatte fix auf den Lafo-Klassiker „Steuererhöhungen“ verkürzt und klingt wie die neue Single-Auskopplung aus dem Sozi-Album „Wir sind schuld an jedem Scheiß“. Ich höre nur keine Alternativvorschläge der anderen.

Das Pentagon wurde jetzt per Gerichtsbeschluss gezwungen, wenigstens die Namen von 558 Gefangenen in Guantánamo zu veröffentlichen. Ist das der Anfang vom Ende dieses Lagers?

Die 558 nun bekannten Häftlinge sind weniger als die Hälfte der Einsitzenden und nur jene, die das Menschenrechtsalmosen einer „Anhörung“ bekamen.

Familienministerin von der Leyen hat ihr umstrittenes „Bündnis für Erziehung“ nur mit den beiden großen christlichen Kirchen gestartet. Wird Deutschland künftig christlich fundamentalistisch?

Nach zu viel Lob von links für ihr „Erziehungsgeld“ dengelt Powerursel jetzt halt mal vor die rechte Bande. Andernfalls könnte ihr Kurs bald als Bewerbung um die vakante Unions-Planstelle der Ohrfeigen-Rita missverstanden werden.

Italiens Silvio Berlusconi will trotz der Bestätigung des Sieges des Mitte-links-Bündnisses von Prodi das Ergebnis der Parlamentswahlen weiter anfechten. Erinnert Sie das an Gerhard Schröder?

Nö.

US-Außenministerin Condoleezza Rice glaubt wohl nicht mehr an Sanktionen des UN-Sicherheitsrats gegen Iran, also soll wieder eine „Koalition der Willigen“ geschmiedet werden. Wie willig werden die Deutschen da mitmachen?

Rice schmiedet eine Koalition zwischen Iran und Russland, da bekommen die Amis alle Feindbilder zum Preis von einem. Der russische Vorschlag, die iranische Atomanreicherung auf russischem Boden zu vollziehen, ist machtpolitisch clever und jedenfalls nicht mit der Kriegsgier gleichzusetzen, die die USA ausstrahlen. Deutschland muss sich als Teil der UN verstehen und sich auf dieser Ebene wehren.

Der Iran kommt der zivilen Nutzung der Atomkraft immer näher – und völkerrechtlich steht sie ihm auch zu. Was können die Europäer tun, um den Konflikt USA – Iran zu entschärfen?

Den russischen Vorschlag unterstützen und dadurch die Option einkaufen, ihn gegen militärische Nutzung wasserdicht zu machen.

Offenbar will Irans Präsident Ahmadinedschad doch nicht zur WM nach Deutschland kommen. Was verpasst er?

Die Chance, sich rausschmeißen zu lassen.

Und was macht Borussia Dortmund?

Polizeibericht meldet nur fünf abgeschleppte Fahrzeuge gegen Nürnberg, Mercedes-Niederlassung musste zugunsten Großparkplatz umbauen. Eine Kommune muss halt Prioritäten setzen. FRAGEN: WG, DAH