CHINA IST ANDERS

Indien und China haben jeweils mehr als eine Milliarde Einwohner. Seit sie in den globalen Welthandel integriert sind, erhöhen sie drastisch die weltweit verfügbare Arbeitskraft und setzen so die Löhne weltweit unter Druck. Doch die Entwicklungen in China und Indiens sind unterschiedlich. Peking begann den Reformprozess 1978, Delhi erst 1991. China setzt auf preiswerte industrielle Exporte, Indien vor allem auf Dienstleistungen und den Binnenmarkt. Zwar verneinen indische Politiker eine wirtschaftliche Konkurrenz zu China, doch preisen sie ihre weltgrößte Demokratie gegenüber dem diktatorischen Reich der Mitte.

„Wir wollen, dass die Europäer nicht nur auf China setzen“, sagt der Staatssekretär in Delhis Ministerium für Handel und Industrie, S. N. Menon. „Es gibt inzwischen überall Zweifel am wenig einträglichen Geschäft mit China“, meint auch Exprivatisierungsminister Arun Shourie. Ein Deutscher habe ihm einmal gesagt: „Wenn du ein Projekt schnell realisieren willst, geh nach China. Willst du Geld verdienen, komm nach Indien.“ Inder räumen ein, dass ihre Entscheidungsprozesse langwieriger sind. „Doch unser Reformprozess ist auch nachhaltig“, meint der Minister für Handel und Industrie, Kamal Nath.

Der Geschäftsführer der Deutsch-Indischen Handelskammer in Bombay, Bernhard Steinrücke, nennt als Vorteile Indiens: „Hier ist die englische Sprache verbreitet und herrscht das britische Rechtssystem.“ Auch würde Indien den Patentschutz stärker achten als China. Doch sehen manche Inder auch Errungenschaften Chinas: „Wir haben nie so etwas wie eine Landreform wie in China gehabt“, sagt Wirtschaftsprofessorin Jayati Ghosh. Doch bei allen Unterschieden boomt der bilaterale Handel. China ist inzwischen Indiens drittgrößter Handelspartner, wobei Indien einen Überschuss aufweist. Bis 2010 wird eine weitere Verzweieinhalbfachung des indischen Handels mit China erwartet. HAN