ELIASSONS HOF
: Die Kunst und der Müll

Wo war noch mal vorn?

So angenehm die leise Stimme von Olafur Eliasson klang, so läppisch erschien Holger die Spiegelei im städtischen Raum oder das Ranschleppen und Auslegen von Treibholz aus Island (wo sie doch jedes Stöckchen brauchten). Wie hatte es die Kunstkritikerin noch genannt: Experimentalmaschinen, die Formen des Wissens in Formen des Spiels verwandeln. So konnte man es auch sagen, dachte Holger.

Mit schwerem Schädel saß er im sonnigen Hof vor des Künstlers bezinnter Atelierburg und schaute dem mexikanischen Müllentsorger bei der Arbeit zu. Was so eine Großausstellung an Abfall hinterließ, davon hatte ja keiner einen Begriff, Holger eingeschlossen. Welcher Künstler kümmerte sich auch darum? Er jedenfalls nicht.

Und jetzt war es ganz gegenwärtig, manifest in fünf nagelneuen, herrlich glänzenden Großcontainern, hier kurz die Features: Qualitätsstahlblech feuerverzinkt, Fassungsvermögen 1100 l, Runddeckelbehälter mit Feststellbremse inkl. Gummihandschutzleiste und Wasserablauf, ergonomisch angebrachte Griffe für bequeme Handhabung und sicheres Manövieren auch bei schwerer Zuladung, hohe Stabilität, Belastbarkeit und Beweglichkeit durch vier Vollgummilenkrollen mit Metallfelgen, Zentralverriegelung und Kindersicherung, für innerbetriebliche oder private Sammelaufgaben.

Holger machte Augen, was alles reinging: Müllsack um Müllsack. Für Holzreste gab es einen Extrabehälter. So sah sie also aus, die Rückseite der teuren, spiegelnden Exponate im Gropius-Bau. Oder wo war noch mal vorn? Der Scheißhangover. Er sah auf die Uhr: Punkt zehn. In diesem Augenblick öffnete die Ausstellung ihre Türen. Und schon fuhr der Künstler vor, fuhr feierlich eine Schleife um die silbernen Container und parkte werbewirksam den BMW, stieg aus und lief direkt ins Atelier. Angenehm leise. SASCHA JOSUWEIT