LESERINNENBRIEFE
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Gemaßregelt zu Kreuze gekrochen

■ betr.: „Unchristliches Abendland“, „Mit dem Segen Gottes“,taz vom 28. 4. 10

Das Bundesverfassungsgericht hat 1995 in seinem Kruzifix-Urteil entschieden, dass Kreuze in staatlichen Schulen nicht erlaubt seien. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte bestätigte 2009 dieses Urteil mit einer gleichlautenden Entscheidung: Ein Kreuz sei im Klassenzimmer einer staatlichen Schule nicht mit der Europäischen Menschenrechtskonvention vereinbar.

Aygül Özkan, hoffnungsfrohe und erste Ministerkandidatin mit Migrationshintergrund in Niedersachsen, sprach sich bei einem Interview im Magazin Focus für ein Verbot von Kreuz und Kopftuch an staatlichen Schulen aus und geriet sofort ins Kreuzfeuer der öffentlichen Kritik. „Kruzitürkin“, schallte es kreuzbeflissen von den Kreuzestreuen durch das Land. Ihre Wahl zur Ministerin einer christlichen Partei müsse rechtzeitig durchkreuzt werden, tönte es kreuz und quer durch die kreuzgescheuchte Medienlandschaft. Der Migrationsexperte Bosbach fürchtete gar um das Kreuz auf dem Wahlzettel der bevorstehenden Landtagswahl von NRW. Als dann noch Migrationsbeauftragte Böhmer pflichtschuldig ihre kreuzbraven Äußerungen unter das kreuzgebeutelte Volk streute und ihr dafür auch noch das Kreuz von der Kanzlerin gestärkt wurde, sah sich der niedersächsische Landesvater Wulff gezwungen, seine zukünftige Ministerin gehörig ins Kreuzverhör zu nehmen, sicherlich nicht, ohne sich vorher ausgiebig bekreuzigt zu haben. Unmissverständlich las der kreuzestreue CDUler der kreuzfernen Migrantenaufsteigerin die christlichen Leviten. Was zur Folge hatte, dass die solchermaßen Gemaßregelte zu Kreuze kriechen musste: Hoch und heilig versprach sie vor der niedersächsischen CDU-Landtagsfraktion, fortan das Kreuz mitzutragen. Der Kreuzretter der Nation, Christian Wulff, zeigte einmal mehr, dass es bei einem Politiker vor allem auf ein breites Kreuz ankommt. Aygül Özkan dürfte nach diesem für sie gerade noch einmal glimpflich abgelaufenen Kommunikationsdesaster in Sachen Kreuz und ihrer trotzdem gewonnenen Wahl zur Sozialministerin in Niedersachsen auf Grund ihres Gesinnungswandels rasch drei Kreuze gemacht haben oder hat sie sich gedacht: „Ihr könnt mich mal alle kreuzweise“?! SILVIA IZI, Ludwigshafen

Bitterernst und deprimierend

■ betr.: „Spielt euer Spiel alleine“ von Kübra Yücel,taz zwei vom 28. 4. 10

Liebe Frau Yücel, wie kommen Sie nur auf die Idee, dass diese Episode von South Park als Provokation gedacht war. Wie Sie ja richtig schreiben, spielt Mohammed schon seit neun Jahren eine Rolle in dieser Serie. Warum sollte der neuerliche Auftritt auf einmal als Provokation gedacht sein, auf die Muslime doch bitte reagieren sollen?

Der einzige Unterschied zu den vorangegangenen Folgen war, dass diesmal eine Gruppe die Autoren mit dem Tod bedroht hat. Eine Gruppe, die Sie „dumm“ und „skurril“ nennen. Das klingt mir zu harmlos. Im eigenen Interesse als Muslimin müssten Sie schärfere Worte finden, denn diese dummen und skurrilen Menschen schüren den Hass, der das friedliche Zusammenleben der Menschen verschiedener Religionen so schwierig macht. Diese Gruppe ist bösartig und gefährlich.

Ich wüsste nicht, wem der „Karikaturenstreit doch so viel Spaß gemacht“ hat, wie Sie schreiben. Ich fand das bitter ernst und sehr deprimierend. Ein Bann muss gebrochen werden: Die Trumpfkarte des „Beleidigtseins“ muss entwertet werden. Und das geschieht nur durch Gewöhnung. Kaum ein Christ regt sich mehr darüber auf, wenn ein Ikea-Elch kiefernkreuzschleppend vor dem gekreuzigten Jesus vorbeigeht, der dabei die Worte „Oh Herr, lass diesen Elch an mir vorübergehen“ stammelt. Somit begrüße ich auch den „Jeder-malt-Mohammed-Tag“. South Park ist ganz auf dem richtigen Weg: Mit den Super Best Friends werden die Weltreligionen liebevoll auf die Schippe genommen. Zu dieser Gruppe gehören neben Jesus und Mohammed auch Buddha, Moses, Joseph Smith, Krishna, Lao Tzu und Sea Man. Darf Mohammed jetzt nicht mehr mitspielen?

GERHARD HOFMANN, Marburg