Berlin belohnt Hamburger Erfolge nicht

Die Ausdehnung des Hamburger Verkehrsverbundes nach Niedersachsen führt zu Rekordergebnis. Doch nun droht die Große Koalition in Berlin, die Zuschüsse zu kürzen. Die Folge wären weniger Bahnen und höhere Tarife

„Einen vollen Erfolg“ nennt Lutz Aigner die Erweiterung des Hamburger Verkehrsverbundes (HVV) nach Niedersachsen. Das sei „der Hauptgrund gewesen“, so der HVV-Geschäftsführer, für den im abgelaufenen Jahr aufgestellten Fahrgastrekord. 585,6 Millionen Passagiere wurden 2005 in den Bussen und Bahnen gezählt und damit 8,7 Prozent mehr als im Vorjahr, die Einnahmen erhöhten sich um 13,1 Prozent auf 472,7 Millionen Euro.

Frappierend aber sind die Fahrgastzahlen im niedersächsischen HVV-Gebiet: Der Zuwachs liegt bei satten 22 Prozent. Den Löwenanteil steuerte der Metronom bei: Die modernen Doppelstockwagen, die zwischen Bremen, Hamburg und Uelzen verkehren, sind „der Renner bei den Pendlern“ aus dem Umland.

Nun aber droht Ärger aus Berlin: Die CDU-SPD-Koalition im Bund will ihre Zuschüsse für den Regionalverkehr deutlich senken. Bis 2010 sollen sie in jährlichen Schritten um bis zu 3,3 Milliarden Euro gekürzt werden, so der Stand der Berliner Haushaltsplanungen. „Das werden die Fahrgäste zu spüren bekommen“, schwant Aigners Geschäftsführer-Kollegen Peter Kellermann. Eine erneute Tariferhöhung im nächsten Jahr sei deshalb „nicht ausgeschlossen“.

Die niedersächsische Landesverkehrsgesellschaft habe bereits erklärt, bei Kürzungen „grundsätzlich alle Verkehre auf den Prüfstand zu stellen“. Und ihr Pendant in Schleswig-Holstein geht davon aus, dass bei einer zehnprozentigen Etatkürzung 20 Prozent der Zugverbindungen reduziert werden müssten. In einer gemeinsamen Resolution haben deshalb der HVV und elf weitere große Verkehrsverbünde aus ganz Deutschland gestern bei der Bundesregierung Protest eingelegt. Statt „Kahlschlag“ fordern sie „die Steigerung von Effizienz“ und bieten ihre „Mithilfe bei einer langfristigen Konsolidierung“ an.

Dennoch plant der HVV für die nahe Zukunft eine weitere „sanfte“ Ausdehnung. Die niedersächsischen Landkreise Cuxhaven, Rotenburg (Wümme), Soltau-Fallingbostel, Uelzen und Lüchow-Dannenberg sollen zwar vorerst nicht in den Verbund eintreten. Für sie werden aber zurzeit „Übergangstarife“ erarbeitet, welche die Fahrt im HVV-Bereich ab 1. Januar 2007 deutlich günstiger machen.

Im vorigen Jahr war der HVV auf die südlichen Landkreise Lüneburg, Harburg und Stade ausgedehnt worden, die S-Bahn von Hamburg-Neugraben nach Stade soll Ende nächsten Jahres starten. 2008 geht die Planung für die Streckenerweiterung nach Cuxhaven in die heiße Phase.

Auch aus Schleswig-Holstein hat der HVV steigende Passagierzahlen bis zu 18 Prozent zu vermelden. Und die würden ab Ende Mai „noch anwachsen“, glaubt Kellermann. Dann will die Deutsche Bahn auf der Strecke zwischen Hamburg und Lübeck ihre alten Regionalzüge durch moderne Doppelstöcker nach dem Vorbild des Metronom ersetzen. Das werde, prophezeit Kellermann, „die Nachfrage deutlich steigern“.

Auch aus dem früheren Kerngebiet des HVV, der Stadt Hamburg, ist nur Positives zu vermelden. Die Nachtfahrten von U- und S-Bahnen am Wochenende haben die Passagierzahlen verdreifacht, bei den Metrobussen stieg die Auslastung um 16 Prozent. Berlin und München, berichtete Aigner nicht ohne Stolz, „führen das von uns erfundene Metrobus-Konzept jetzt auch ein“. Sven-Michael Veit