Griechen werden protestantisch

FINANZHILFE Die EU gewährt Gelder. Dafür müssen sich die Griechen in Verzicht üben: Um die Kredite von 120 Milliarden Euro zu bekommen, plant die Regierung, den Lohn für Staatsbedienstete um 8 Prozent zu kürzen

„Wir haben die Wahl zwischen Zusammenbruch oder Rettung“

GIORGOS PAPAKONSTANTINOU, GRIECHISCHER FINANZMINISTER

VON STEPHAN KOSCH

Zumindest auf der Ebene der Europäischen Union ist der Weg frei für neue Milliardenkredite an die griechische Regierung. Vor dem Treffen der Finanzminister der Eurozone am frühen Abend erklärte Kommissionspräsident Manuel Barroso gestern: „Die Kommission betrachtet die Bedingungen für eine positive Antwort auf die Anfrage Griechenlands für erfüllt.“ Die mit Athen ausgehandelten Sparmaßnahmen seien „solide und glaubwürdig“. Die Mitgliedstaaten könnten nun den Ende März vereinbarten Notfallplan für Griechenland in Gang setzen. Das Votum der Finanzminister stand zum Redaktionsschluss zwar noch aus, eine Ablehnung galt aber als unwahrscheinlich.

Denn die griechische Regierung muss für die neuen Kredite des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Euroländer nicht nur Zinsen bezahlen, sondern auch dramatisch sparen. Bis Ende 2014 solle das Haushaltsdefizit von derzeit rund 14 Prozent des Bruttoinlandsprodukts auf unter 3 Prozent gedrückt werden, sagte der griechische Finanzminister Giorgos Papakonstantinou am Wochenende. Dazu muss die Regierung rund 30 Milliarden sparen.

Kein 14. Monatsgehalt

Um die Kredite in Höhe von rund 120 Milliarden Euro zu bekommen, plant die griechische Regierung, den Lohn für Staatsbedienstete um 8 Prozent zu kürzen. Außerdem fallen Weihnachtsgeld und 14. Monatsgehalt weg. Wer aber weniger als 3.000 Euro Gehalt erhält, wird künftig pauschal 500 Euro zu Weihnachten sowie je 250 zu Ostern und für den Urlaub erhalten. Auch auf Renten von mehr als 2.500 Euro gibt es kein Weihnachts-und Urlaubsgeld mehr. Die Steuern für Luxusimmobilien und Luxusautos sollen steigen.

Das Sparpaket soll am Montag oder Dienstag im Eilverfahren durch das Parlament gebracht werden. Viel zu verhandeln gibt es für die Regierung dabei offenbar nicht, schließlich entstanden die Kürzungspläne bei den Gesprächen mit dem IWF und Vertretern der Eurozone. Sie wollen die Sparanstrengungen Athens alle drei Monate überprüfen, nur dann fließt das Geld weiter.

In diesem Jahr rechnen die Eurostaaten mit 30 Milliarden Euro für Griechenland, davon 8,4 Milliarden aus Deutschland. Zusätzlich kommen bis zu 15 Milliarden Euro vom IWF.

„Wir haben die Wahl zwischen Zusammenbruch oder Rettung“, sagte Papakonstantinou. Und Ministerpräsident Papandreou begründete seine Zustimmung zu den Sparauflagen so: „Oberstes Gebot ist die Rettung des Vaterlandes.“

Doch nicht alle Griechen sehen das so. Die zwei größten Gewerkschaftsverbände des Landes kündigten neue Streiks an. „Wir verlieren fast 30 Prozent unseres Einkommens, das kann so nicht hingenommen werden“, sagte der Präsident der Gewerkschaft der Staatsbediensteten, Spyros Papaspyros. Die Beamten wollen am 5. Mai für 24 Stunden streiken. Auch der Gewerkschaftsverband des privaten Sektors (GSEE) erklärte: „Es wird harte Reaktionen auf die harten Maßnahmen geben.“

Die von der Eurogruppe beschlossenen Finanzhilfen müssen nun noch durch die nationalen Parlamente. So sollen Bundestag und Bundesrat noch in dieser Woche über den deutschen Anteil an dem Kreditpaket in Höhe von zunächst gut 8 Milliarden Euro entscheiden. Das Geld soll von der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) als Darlehen ausgegeben werden, für das die Bundesregierung bürge. Mit diesem Verfahren habe die Bundesregierung gute Erfahrungen gemacht, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „Im Bankenpaket haben wir Garantien im Umfang von 400 Milliarden Euro bereitgestellt, von denen wir bislang nichts verloren, aber fast 1 Milliarde Euro an Gebühren und Zinsen von den Banken eingenommen haben.“

Banken sollen bitte blechen

Merkel zufolge wird als Konsequenz aus der Krise Griechenlands in diesem Monat eine Arbeitsgruppe der EU-Finanzminister auch Vertragsänderungen in der EU vorbereiten. „Dazu gehören mit Sicherheit Änderungen der Sanktionen bei Verstößen gegen die Euro-Stabilitätsregeln.“ Zudem forderte Merkel wie auch Regierungsvertreter anderer Euroländer die privaten Banken dazu auf, sich auf freiwilliger Basis an der Hilfe für Griechenland zu beteiligen.

Finanzkreisen zufolge hilft derzeit Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann auf Anregung von Finanzminister Wolfgang Schäuble dabei, die Privatwirtschaft zu einer Unterstützung für das hochverschuldete Griechenland zu bringen. Dafür seien bislang informell 1 bis 2 Milliarden Euro zugesagt worden.