Vom Büroplatz zum Wickeltisch

Auch die CSU kann sich mittlerweile mit Partnermonaten anfreunden. Väteraktivisten begrüßen sie ausdrücklich

BERLIN taz ■ Wer den Streit um das geplante Elterngeld verfolgte, konnte ins Zweifeln kommen, dass den klugen Analysen und Anregungen des Familienberichts auch kluge politische Schritte folgen. Zwischenzeitlich tobte in der Union ein echter Geschlechterkampf um die Frage, ob zwei Monate der zwölfmonatigen Elterngeldzahlungen für Väter reserviert werden sollten. Inzwischen rudert die CSU-Kampftruppe allerdings zurück.

In der Elterngeld-Zeit soll die erziehende Person 67 Prozent ihres vorherigen Nettoeinkommens erhalten. Für Arme und Arbeitslose ist ein Sockelbetrag vorgesehen, die Obergrenze des Elterngeldes wird voraussichtlich 1.800 Euro betragen. Steigt der berufstätige Elternteil für weitere zwei Monate in die Kinderbetreuung um, dann werden auch zwei weitere Monate, die so genannten Partnermonate, bezahlt. Am kommenden Montag will nun Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU) dem Koalitionsausschuss verschiedene Varianten des Elterngeldes vorlegen, darunter auch die Partnermonate, die bereits im Koalitionsvertrag mit der SPD vereinbart wurden.

Männliche Traditionalisten in der Union fassten das Angebot der Partnermonate als „Zwang“ zum Windeln auf. Doch am Montag beschloss das CSU-Präsidium, dass es die Partnermonate akzeptiere, wenn diese nach 12 Monaten angehängt würden statt nach zehn, so Landesgruppenchef Peter Ramsauer.

Aber was sagen die Väter selbst? Die sehen sich größtenteils nicht so traditionell, wie die Unionsmänner glauben machen. 69 Prozent der jüngeren Väter sind laut dem Umfrageinstitut Allensbach überzeugt, dass man sich als Vater genauso intensiv um Kindererziehung kümmern müsse wie die Mutter. Warum sie diese Überzeugung nicht in Elternzeit umsetzen, begründen 82 Prozent der befragten Männer damit, dass der Einkommensverlust zu groß wäre, wenn sie zu Hause blieben.

Mit dem Elterngeld würde ihren Wünschen also zunächst genau entsprochen. Deshalb sehen auch Väteraktivisten im Elterngeld die Hauptlösung des Problems: „Das Entscheidende ist das Geld“, sagt Volker Baisch vom Väterzentrum Hamburg. Allerdings erklärten 74 Prozent der Väter den Allensbach-Befragern auch, dass sie berufliche Nachteile befürchten, wenn sie Elternzeit beantragen. Dem könnten die Vätermonate entgegenwirken, meint Baisch: „Wenn klar ist, dass die Väterzeit politisch gewollt wird, dann kann man den Chef leichter überzeugen.“

Ohnehin stellt Baisch, der auch Firmen in Sachen Väterfreundlichkeit berät, fest, dass sich die Haltung seit einigen Jahren wandelt. „Die jüngeren Manager wollen selbst mehr Zeit für ihre Kinder haben. Und sie haben Ehefrauen, die schnell zurück in den Beruf wollen.“ Es seien vor allem ältere Chefs, die den windelwilligen Vätern noch entgegenhalten: „Ja, haben Sie denn keine Frau, die das macht?“ Doch auch diese sähen, sagt Baisch, dass ihre eigenen Töchter ein anderes Lebensmodell haben als ihre Ehefrauen.

„In fünf bis zehn Jahren ist das Thema ein Selbstgänger“, schätzt Baisch. Und braucht man dafür nun die Vätermonate? 49 Prozent der Befragten sind laut Infratest dagegen, aber immerhin 40 Prozent sind für die Partnermonate. Baisch macht dagegen seine Erfahrung geltend: „Bei uns melden öfter mal die Mütter ihre Männer zum Geburtsvorbereitungskurs an. Aber am Ende war es bisher so, dass kein Einziger von denen, die sich eine Zeit intensiv um ihr Kind gekümmert haben, diese Zeit bereut hat. Man muss die Männer manchmal zu ihrem Glück zwingen.“ HEIDE OESTREICH