Der Steuertrick im Tank

Erdgasautos sind eine nachhaltige Investition: Nach 25.000 Kilometern ist der PKW mit dem unsichtbaren Brennstoff wesentlich günstiger als Benziner. Bis mindestens 2009 ist es von Steuern befreit. In NRW boomen die Gas-Tankstellen

von LUTZ DEBUS

Da, wo andere ihr Reserverad untergebracht haben, lässt Thomas Borowicki Geldanlagen mit saftigen Renditen einbauen. Der 24-Jährige in Nadelstreifen und Lackschuhen ist Inhaber der Firma Nonstopgas. Täglich werden in seiner Werkstatt im Süden von Neuss zwei Autos auf Gasbetrieb umgerüstet. Seit Monaten ist er ausgebucht. Drei Wochen Wartezeit müssen Umsteigewillige in Kauf nehmen. Das Geschäft boomt. Neuss sei bundesweit, so Borowicki, das El Dorado des Autogases. Drei Firmen haben sich im Laufe des Jahres in dem kleinen Industriegebiet am Rhein angesiedelt. Der gebürtige Pole ist einer der Goldgräber.

Mit flinken Fingern auf dem Taschenrechner kalkuliert er den möglichen Gewinn für den Autobesitzer. 1,38 Euro kostet mittlerweile Superbenzin. Autogas (LPG), eine Mischung aus Propan und Butan, gibt es für 57 Cent. Bei einem normalen PKW hätten sich die Kosten der Umrüstung von etwa 1.900 Euro in 25.000 Kilometer amortisiert. Bei jedem weiteren Kilometer würden sich die Treibstoffpreise mehr als halbieren.

Manche Unannehmlichkeiten muss man aber in Kauf nehmen. Der Gastank blockiert entweder einen Teil des Kofferraumes oder ist in der Ablage des Reserverads untergebracht. Die ersten Minuten muss man bei vielen Modellen noch mit herkömmlichem Benzin fahren, bis die Anlage ihre Betriebstemperatur erreicht hat. Die Anzahl der Tankstellen entwickelt sich rasant: Von den mittlerweile über 1.300 Autogastankstellen in Deutschland eröffneten allein im vergangenen Monat 100 neue Tankstellen.

Auch ökologisch macht die Umrüstung Sinn. Feinstaub und Schwefel sind kein Thema. Der Ausstoß von Stickoxyden, Kohlenwasserstoffen und Benzol fällt deutlich niedriger aus. So werden schon seit vielen Jahren gasbetriebene Gabelstapler in geschlossenen Räumen verwendet. Dazu kommt, dass die Motoren leiser laufen. Die Steuerbefreiung auf Autogas ist bis mindestens Ende 2009 gesichert.

Zwischen Autogas und Erdgas gibt es wichtige Unterschiede: Mit vielen autogasbetriebenen Fahrzeugen darf man nicht in Tiefgaragen fahren. Dafür ist deren Tank deutlich kleiner als der von Erdgasautos, die Umrüstung billiger. Beide Fahrzeuge zeigten bei Crashtests, dass sie sicherer sind als ihre ottokraftstoffbetriebenen Vorfahren.

Als Thomas Borowicki im letzten Sommer seine Firma gründete, war das Thema Autogas noch Neuland in der Region. Beim TÜV mussten sich die Mitarbeiter zunächst selbst informieren, bevor sie die Autogasanlage zulassen konnten. Deutschland war bis vor kurzem bezüglich des LPG Entwicklungsland. In den Niederlanden, Polen und Italien fahren schon länger viele Autos mit dem preisgünstigen Treibstoff. „Die Deutschen hatten wohl früher zu viel Geld“, lächelt Borowicki. Mit leuchtenden Augen erzählt der smarte Geschäftsmann, wie er vor kurzem einen Jeep Hummer umgerüstet habe. Der Geländewagen mit einem Neupreis von 80.000 Euro und einem Spritverbrauch von 25 Litern auf 100 Kilometern fahre nun mit Gas. Eines sollte man beim Umsteigen also nicht vergessen. Autogas, dieses Gemisch aus Propan und Butan, das bei der Erdölverarbeitung anfällt, ist ein fossiler Brennstoff und somit nicht unendlich verfügbar. Die Geldanlage in eine Gasanlage allein ist keine ökologische Großtat sondern bleibt ein Steuertrick.