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Gasag brennt auf Einzelklagen

ABZOCKE Laut Bundesgerichtshof waren Preiserhöhungen der Gasag unwirksam. Der einstige Monopolist verklagt dennoch Kunden, die das Geld nicht gezahlt haben

Ungültige Klausel

Die umstrittene Klausel, die in Altverträgen mit rund 300.000 Kunden enthalten war, lautete: „Der Gaspreis folgt den an den internationalen Märkten notierten Ölpreisen. Insofern ist die Gasag berechtigt, die Gaspreise vorbehaltlich der Regelungen in §§ 16 bis 19 dieser AGB auch während der laufenden Vertragsbeziehung an die geänderten Gasbezugskosten der Gasag anzupassen.“

Der Bundesgerichtshof entschied am 15. Juli 2009, dass die Klausel unwirksam ist. Aus ihr ergebe sich eine „unangemessene Benachteiligung der Kunden“. Zur Begründung hieß es unter anderem, die Klausel erlaube der Gasag „eine Preiserhöhung wegen gestiegener Gasbezugskosten auch dann, wenn sich ihre Kosten insgesamt nicht erhöht haben“. Zudem habe sich die Gasag mit der Klausel nicht verpflichtet, Senkungen des Gaspreises ebenso schnell wie Erhöhungen an die Kunden weiterzugeben. Die Preiserhöhungen, die auf der Klausel basierten, seien unwirksam. (hei)

VON SEBASTIAN HEISER

Die Gasag macht Anwälte glücklich: Nachdem der Bundesgerichtshof mehrere Preiserhöhungen für unwirksam erklärt hatte, weigert sich das Unternehmen, die unrechtmäßig einkassierten Beträge freiwillig an seine Kunden auszuzahlen. Wer das Geld haben will, muss klagen. Wenn die Gasag verliert, muss sie dann nicht nur die Preiserhöhungen zurückzahlen, sondern auch noch die Anwalts- und Gerichtskosten übernehmen. Doch offenbar kalkuliert das Unternehmen damit, dass nur wenige Verbraucher den Schritt vor Gericht gehen.

Die Gasag hatte ihre Gaspreise an den Ölpreis gekoppelt. Der Bundesgerichtshof hatte diese Klausel im Vertrag vieler Kunden vor einem Jahr für unwirksam erklärt. Doch die Kunden, die die Preiserhöhung nicht bezahlen, werden von der Gasag verklagt. So erging es auch Rolf Kreibich, Direktor des Instituts für Zukunftsstudien und Technologiebewertung (IZT). An diesem Montag wurde vor dem Amtsgericht Charlottenburg sein Fall verhandelt. Er sagt, er habe rechtzeitig Widerspruch gegen die Preiserhöhungen eingelegt und nur den ursprünglichen Preis gezahlt. Die Gasag habe sich geweigert, ihre Kalkulation offenzulegen, durch welche Kostensteigerungen die Preiserhöhungen gerechtfertigt gewesen sein sollten.

Die Gasag fordert nun rund 2.400 Euro ein. Gasag-Anwalt Roger Helmdach stellte darauf ab, dass die Vertragsklausel, auf der die Preiserhöhung basiere, zwar formal für ungültig erklärt wurde: „Rein formal fällt die Gasag gerade auf die Nase.“ Doch dies bedeute noch lange nicht, dass auch die Preiserhöhung unzulässig sei. Helmdach machte vor Gericht kein konkretes Angebot für eine Einigung. Es handele sich um eine „Entscheidung, die weit über den Fall hinausweist“. Schließlich hatten nach Angaben der Verbraucherzentrale rund 300.000 der etwa 600.000 Berliner Gasag-Kunden Verträge mit den umstrittenen Klauseln (siehe Kasten). Jetzt kommt es also auf eine Entscheidung des Gerichts an, die Verkündung des Urteils wird in wenigen Wochen erwartet.

190 Millionen Euro Gewinn

„Nicht so dramatisch, wie wir uns das vielleicht gedacht hatten“

GASAG FREUT SICH ÜBER WENIGE KLAGEN

Für die Gasag geht die Strategie, den Kunden nicht von sich aus Geld zurückzuzahlen, offenbar auf. Der Umfang der Kundenklagen sei „nicht so dramatisch, wie wir uns das vielleicht gedacht hatten“, sagte Vorstandsmitglied Olaf Czernomoriez vor einem Monat bei der Vorstellung der Jahresbilanz 2009. Der Gewinn vor Zinsen und Steuern lag bei 189,3 Millionen Euro.

Die Verbraucherzentrale Berlin hat auf ihrer Webseite einen umfangreichen Reader veröffentlicht, mit dem Verbraucher berechnen können, wie viel Geld sie von der Gasag zurückfordern sollen. Darin enthalten ist auch ein Musterschreiben an die Gasag und eine Musterklage für den Gang vor das Gericht. Nach Ansicht der Verbraucherzentrale sind die Erfolgsaussichten für die Kunden gut. Voraussetzung sei aber, noch alle Unterlagen der vergangenen Jahre zu haben, um den Anspruch vor Gericht begründen zu können.

Bernd Ruschinzik, Jurist der Verbraucherzentrale, fordert die Gasag auf, angesichts der „eindeutigen Rechtslage“ den Kunden in der Praxis zu zeigen, was faires Verhalten bedeute: „Es ist höchste Zeit, endlich mit einem realistischen Angebot an die Öffentlichkeit heranzutreten.“ Die Verbraucherzentrale selbst unterstützt mehrere Sammelklagen, zuletzt brachte sie im Dezember 2009 drei Klagen für knapp 200 Personen auf den Weg. Die Entscheidung der Gasag, nicht freiwillig zu zahlen, kritisiert die Verbraucherzentrale als „unglaublichen Aufwand sowohl für die Betroffenen als auch für die Berliner Gerichte“.

Infos: www.vz-berlin.de

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