Belgrader TV-Sender abgeschaltet

Behörden entziehen populärem BK-TV die Sendelizenz und sperren auch die Kabelübertragung. Betroffener Sender spricht von „Abrechnung mit Regimegegnern“

BELGRAD taz ■ Die Übertragungen des Belgrader TV-Senders BK enden abrupt. Kurz nach 0 Uhr in der Nacht zu Mittwoch dringt die Polizei in das Gebäude des Senders ein und fordert alle Anwesenden auf, das Programm zu unterbrechen und nach Hause zu gehen. Angestellte weigern sich. Überraschte Zuschauer können das Spektakel, das bis in die frühen Morgenstunden andauert, live über Kabel mitverfolgen.

Die Aufnahmen wirken dramatisch. Es kommt zum Handgemenge. BK-Journalisten rufen Bürger und Kollegen auf, zum Sender zu kommen und die Medienfreiheit in Serbien zu verteidigen. Verunsicherte Polizisten stehen verärgerten TV-Stars gegenüber. Ein Offizier beruft sich auf ein Dokument des Regierungsrats für elektronische Medien, das die Schließung des Senders für dreißig Tage verfügt. BK habe eine politische Partei unterstützt, lautet die Begründung.

BK-Anwälte bezeichnen das Dokument als gesetzwidrig. Serbiens Kultur- und Informationsminister, Dragan Kojadinović, schaltet sich telefonisch ein und erklärt, dass die Regierung nicht hinter der Nacht-und-Nebel-Aktion stehe. Als sich Menschen und Journalisten vor dem Sender versammeln und in das Gebäude eindringen, erhält die überforderte Polizei den Befehl, sich zurückzuziehen. Die Siegesfreude im BK ist nur kurzer Dauer: Wenige Stunden später beendet das Innenministerium die Aktion und verbannt den TV-Sender auch noch aus dem Kabelsystem.

Die Konfrontation zwischen Regierung und BK war in der vergangenen Woche eskaliert. Da hatte der Regierungsrat für elektronische Medien fünf nationale TV-Lizenzen verteilt und den laut Einschaltquoten an dritter Stelle liegenden renommierten Sender BK ausgeschlossen. Demgegenüber hatten, neben dem staatlichen Fernsehen, die Sender B 92, Pink, Kosava-Happy und Fox (an dem die News Corporation von Rupert Murdoch einen Anteil hält) sowie das neue TV-Avala Lizenzen erhalten.

Die BK-Chefredaktion bezeichnete diese Entscheidung als eine „Abrechnung mit Regimegegnern“, weil die Partei Bewegung Kraft Serbiens (PSS) des BK-Gründers, Bogoljub Karić, die schwache serbische Minderheitsregierung bedrohe. Karić, gegen den wegen Steuerhinterziehung und Veruntreuung ein Haftbefehl in Serbien vorliegt, befindet sich im Ausland. Angeblich sind konkursreife Firmen mit über fünfzig Prozent an BK-TV beteiligt. BK hat unter anderem auch die TV-Rechte an der Fußball-WM in Deutschland für Serbien und Montenegro (SCG).

Gegen die Verteilung der Lizenzen klagen wollen auch der Lokalsender RTV5 aus Nis und RTL. Das Ganze sei eine Farce, protestierte RTV5. Man sei Mitläufern von Slobodan Milošević entgegengekommen, hieß es.

Journalistenverbände und Medien verurteilten die Art und Weise, wie BK-TV geschlossen wurde. Das Vorgehen erinnere an finsterste Milošević-Zeiten. Das Schlimmste sei, dass sich die Verantwortlichen nicht darüber klar seien, was es heiße, wenn die Polizei lediglich aufgrund einer Anordnung Medien einfach abschalte. Kojadinović will Premierminister Vojislav Koštunica auffordern, die Medienbehörden aufzulösen und die nationalen TV-Lizenzen neu zu verteilen. Der jüngste Skandal schwächt die ohnehin angeschlagene und von den Milošević-Sozialisten unterstützte Minderheitsregierung. Diese kann nur noch auf 129 von 250 Abgeordneten im Parlament rechnen.

ANDREJ IVANJI