ZU VIEL GAZPROM IM WESTEN VERHINDERT KRITIK AN PUTIN
: Spielräume im Freihandel

Der Staatsbesuch von Bundeskanzlerin Merkel in Sibirien ist mit schönen Worten zu Ende gegangen. Russlands Präsident Putin sichert stabile Gaslieferungen in den Westen zu, und die deutsche Energiewirtschaft lobt den Staatskonzern Gazprom als sicheren Lieferanten. Die Visite war also ein voller Erfolg. Schließlich hatten die Russen zuvor noch gedroht, den Europäern den Gashahn abzudrehen, wenn sie nicht im Westen investieren dürfen.

Russlands Staatskonzerne haben natürlich jedes Recht, darüber zu entscheiden, wohin sie Gas und Öl liefern. Soll’n sie doch – wenn Gazprom oder Transneft künftig hauptsächlich mit China dealt statt mit Westeuropa, ist das vielleicht die einfachste Methode, die westeuropäische Abhängigkeit von diesen Öl- und Gas-Importen zu verringern. Eine Drohung also mit stumpfen Waffen.

Natürlich ist auch Russlands Anliegen legitim, am Geschäft mit Westeuropas Konsumenten teilzunehmen. Die Versuche, Investitionen Gazproms in diesem Sektor zu verhindern, sind protektionistisch und stehen im Widerspruch zu allen Freihandelsdogmen, die immer nur so lange zu gelten scheinen, wie sie der heimischen Wirtschaft nutzen. Und ob Gazprom eine von Korruption zerfressene Kapitalvernichtungsmaschine ist oder nicht, müsste die Deutschen nicht kümmern.

Aber es besteht ein Unterschied zwischen der Übernahme des spanischen Versorgers Endesa durch den deutschen Energiekonzern Eon und dem Kauf des britischen Gasverteilers Centrica durch Gazprom. Der Staatskonzern ist auch ein Vehikel der russischen Außenpolitik, wie das kurzzeitige Embargo gegen die Ukraine gezeigt hat. Gazprom wird mit dem Verdacht leben müssen, immer bereit zu sein, auf Geheiß des Kreml die Versorgung einzustellen; unpolitische Vorwände lassen sich immer finden.

Minderheitsbeteiligungen bis 50 Prozent minus eine Aktie, wie jetzt für die BASF-Tochter Wingas vereinbart, verringern das Risiko. Und sie erlauben, auf Staatsbesuch das Thema Tschetschenien anzusprechen, wie es Merkel im Gegensatz zu Pipeline-Kanzler Schröder getan hat. DIETMAR BARTZ