Spanien nimmt ein AKW vom Netz, zögert aber vor der Energiewende
: Kleine Schritte zur Sonne

Kein Land der Erde verbucht derzeit einen so hohen Zuwachs an Treibhausgasen wie Spanien, noch nicht einmal die USA oder China. Für die Atomlobby ist die Klimabilanz ein Argument für die Kernkraft: Atomenergie sei die beste Alternative, denn die AKWs seien ökologisch sauber, schließlich stoßen sie keine Treibhausgase aus. Mit der Atomlobby Hand in Hand gegen den Klimawandel also?

Die Argumente sind immer die gleichen, auch jetzt in Spanien wieder: Wie schon vor 30 Jahren, als unter starken Protesten der Bevölkerung überall im Lande AKWs errichtet wurden, verspricht die Atomlobby auch jetzt wieder die Unabhängigkeit vom ausländischen Erdöl sowie nie versiegenden, billigen Strom. Nur haben die Herren von Siemens und Westinghouse die Rechnung ohne die Bevölkerung gemacht. Nur 4 Prozent aller Spanier glauben ihren Argumenten. Die Menschen wollen eben nicht den einen Dreck gegen den anderen tauschen. Sie wollen ohne Dreck leben.

Hier ist die Politik gefordert. Doch die spanische Regierung unter José Luis Zapatero, die zwar den Atomausstieg versprach, aber bis jetzt keinen Plan dafür vorgelegt hat, handelt zu zögerlich. Dabei haben Regionen wie das nordspanische Navarra bewiesen, dass es auch ganz ohne AKWs und fast ohne Verbrennung fossiler Brennstoffe geht: Mehr als zwei Drittel der Energie werden dort aus erneuerbaren Quellen wie Wasser- und Windkraft gewonnen, Tendenz steigend.

Eine solche Energiewende braucht das ganze Land. Denn Spanien ist von der Natur ebenso begünstigt wie etwa Norwegen. Was den Skandinaviern das Wasser ist, könnte den Iberern der Wind und vor allem die Sonne sein. Mit diesen erneuerbaren Energien könnte das Land weitgehend auskommen – wenn es gelingt, durch verantwortungsvolleren Umgang mit Energie den hohen Pro-Kopf-Verbrauch der Spanier zu drücken. Das wäre sauberer als die Atomenergie und billiger allemal. Doch Spaniens Industrieminister José Montilla hält solche Forderungen für blauäugiges Geschwätz. Deshalb wird die Sonnenenergie bis heute noch so gut wie gar nicht genutzt. REINER WANDLER