Putzmann auf dem Chefsessel

DRAMA In seinem Spielfilmdebüt „So glücklich war ich noch nie“ zeigt der Regisseur Alexander Adolph einen begnadeten Hochstapler bei der Arbeit (20.15 Uhr, Arte)

Der Zuschauer ist der Einzige, der dem Verführer Frank Knöpfel nicht auf den Leim geht

VON DAVID DENK

Für Frank Knöpfel ist die ganze Welt eine Bühne – und er spielt selbst, wenn ihm niemand dabei zuschaut: In der Firma, in der er putzt, setzt er sich eines Abends hinter den Schreibtisch des Chefs, hebt den Telefonhörer ab und ahmt nach, was er beim Chef aufgeschnappt hat. „Da hab ich echt die Hasskappe auf, wenn ich so etwas höre“, ereifert sich Knöpfel gerade, als plötzlich ein Mitarbeiter in der Tür steht. Aus seinen klaren blauen Augen funkelt Knöpfel den Eindringling dermaßen giftig an, dass der sich entschuldigt und kehrtmacht. Er hat die Probe gestört.

Frank Knöpfel ist Trickbetrüger – und in Situationen wie dieser offenbart sich seine Meisterschaft: Die Leute glauben ihm, nehmen ihm einfach alles ab, sogar, dass er der Chef ist, obwohl er nachweislich nur der Putzmann ist. Knöpfel ist ein grandioser Verführer – und ein kranker Mann. Täter und Opfer in Personalunion. Er kann nicht anders. Er ist in seiner Haut gefangen wie in diesem grauen Putzoverall, den er für den Auftritt am Cheftelefon nur bis auf den Hosenbund heruntergezogen hat.

Menschen wie Frank Knöpfel kennt Alexander Adolph gut, 2006 kam sein Dokumentarfilm „Die Hochstapler“ in die Kinos, in dem vier von Knöpfels „Kollegen“ über ihr Leben, ihre Betrügereien und ihre Opfer sprechen. „Die Hochstapler“ war das Debüt des zuvor eher als Drehbuchautor aufgefallenen Adolph als Regisseur, „So glücklich war ich noch nie“ ist sein erster Spielfilm, der Adolph erlaubt zu zeigen, was im Dokumentarfilm nur geschildert werden konnte.

Der Film beginnt mit Knöpfels Entlassung aus dem Gefängnis – und man verrät nicht zu viel, wenn man sagt, dass er dort auch wieder endet. Da er nie gelernt hat, anders zu leben, macht er nach der Haft weiter wie davor, hangelt sich von Rolle zu Rolle wie ein Junkie von Schuss zu Schuss. Wer er wirklich ist, weiß höchstens sein unbedarfter Bruder Peter (Jörg Schüttauf) – und selbst der erinnert sich am liebsten daran, wie Frank ihm mal den Arsch gerettet hat, indem er sich als Schularzt ausgab.

Der Zuschauer ist der Einzige, der Frank Knöpfel nicht auf den Leim geht, Adolph macht ihn von Beginn an zu dessen Komplizen. Schon in der ersten Szene, als er der ihm unbekannten Prostituierten Tanja (Nadja Uhl) ein teures Kleid schenken will, findet man ihn absolut hinreißend und schrecklich seltsam zugleich.

„So glücklich war ich noch nie“ ist ein Schauspielerfilm: Nicht nur wegen der durchweg überzeugenden Leistungen seiner Darsteller, allen voran Nadja Uhl und Devid Striesow, deren Figuren beide in ihrer jeweiligen Welt verhaftet sind, sondern insbesondere weil Striesow sich gewissermaßen selbst spielt oder besser: seinen Beruf. Täuschen, um zu begeistern, ist auch des Schauspielers täglich Brot. Striesow bekommt dafür Preise, Knöpfel geht dafür in den Knast.