Weg vom Netz

WAS SAGT UNS DAS? In Tadschikistan führt der Staat eine Kampagne gegen das Benutzen von Handys

In Deutschland versprechen Mobilfunkanbieter grenzenlose „Redefreiheit“, in Tadschikistan soll damit nun Schluss sein. Das zentralasiatische Land an der afghanischen Grenze entfesselt eine Kampagne gegen die Mobilfunknutzung. Der autoritär herrschende Präsident Emomali Rachmon empört sich, dass die Menschen im bitterarmen Land zu viel Geld vertelefonieren. Der Bürgermeister der Hauptstadt Duschanbe lässt deswegen die Werbeplakate von Mobilfunkanbietern abhängen. Das staatlich kontrollierte Fernsehen warnt vor den gesundheitlichen Schäden des mobilen Dauertelefonierens.

In Tadschikistan boomt das Handygeschäft, zehn Mobilfunkunternehmen konkurrieren um die knapp sieben Millionen Tadschiken, die durchschnittlich acht Euro im Monat oder zehn Prozent des Durchschnittslohns vertelefonieren.

Über die Motive der Herrschenden kann in Zentralasien oft nur gerätselt werden. In Tadschikistan kontrolliert den Mobilfunkmarkt noch nicht die Präsidentenfamilie. Das ist in Zentralasien unüblich, denn meist steckt zumindest einer der Präsidentensprösslinge hinter dem schnell wachsenden Wirtschaftszweig. Vielleicht reut es den tadschikischen Präsidenten, dass das gute Geschäft an ihm und seinen Lieben vorbeigeht. Auch sind Handys, wie der Iran und Kirgisien gezeigt haben, praktisch für Volksaufstände.

Ein anderer Grund könnte der fehlende Patriotismus der Mobilfunkunternehmer sein. Der tadschikische Präsident will auf Biegen und Brechen das Wasserkraftwerk Rogun, das in der Sowjetzeit begonnen und nicht zu Ende gebaut wurde, fertigstellen. Dazu braucht das bitterarme Tadschikistan jedoch mindestens eine Milliarde US-Dollar, aber es findet keine ausländischen Investoren, da die Nachbarstaaten gegen das Wasserkraftwerk opponieren. Die Mobilunternehmen in Tadschikistan hätten es angeblich abgelehnt, zehn Millionen US-Dollar für den Staudamm zu geben. Jetzt trifft sie Rachmons Zorn. MARCUS BENSMANN