Brüter nach 14 Jahren wieder am Netz

JAPAN Nach einem Unfall 1995 sorgten Gerichtsverfahren und technische Probleme immer wieder für Verschiebung der Inbetriebnahme. Trotzdem träumt Japan weiter von „unbegrenzter Atomenergie“

Japans Schneller Brüter hat seit 1980 umgerechnet 7,6 Milliarden Euro verschlungen

AUS TOKIO MARTIN FRITZ

Fast anderthalb Jahrzehnte nach einem schweren Unfall hat die japanische Atomenergiebehörde den Schnellen Brüter Monju („Weisheit“) am Donnerstag wieder in Betrieb genommen. Der Reaktorprototyp im mitteljapanischen Tsuruga benutzt eine Mischung aus Plutonium und Uran als Brennstoff und erzeugt im laufenden Betrieb neues Plutonium. Das Atomkraftwerk soll nun bis 2013 schrittweise auf die volle Leistung von 280 Megawatt hochgefahren werden.

Der Versuchsbrüter war im Dezember 1995 nach nur vier Monaten Betrieb stillgelegt worden, nachdem aus einem Leck 640 Kilogramm flüssiges Natrium ausliefen und der Brüter in Brand geriet. Zwar gab es weder Verletzte, noch trat Radioaktivität aus, aber die japanische Atomenergieagentur als Betreiberin hatte die schweren Unfallschäden zunächst vertuscht.

Seitdem hatten langwierige Gerichtsverfahren und technische Probleme die Inbetriebnahme von Monju immer wieder verzögert. Die Anwohner stimmten ihr jetzt nach langem Zögern nur zu, weil die betroffene Region Fukui von der Zentralregierung in Tokio wirtschaftliche Hilfen erhalten wird. „Die Sicherheit hat höchste Priorität“, versprach der japanische Atombehördenchef Toshio Okazaki beim Neustart in Tsuruga.

Dagegen warnten Kritiker vor einem neuen Unfall, die Regierung spiele „russisches Roulette“. Die Kühlleitungen seien nicht vollständig überprüft worden, erklärten die Atomkraftgegner des Citizens’ Nuclear Information Center in Tokio. Das Kraftwerk stehe zudem auf zwei neu entdeckten geologischen Verwerfungen und sei nicht erdbebensicher. Darüber hinaus verlangte Kodirektor Hideyuki Ban die komplette Aufgabe des Brüterprogramms. „Dieser Neubeginn ist nur eine bürokratische Übung“, meinte Ban. Monju sei technisch überholt und der Testbetrieb sinnlos. Während die Welt über nukleare Sicherheit rede, würde Monju waffentaugliches Plutonium erzeugen.

Doch die Regierung träumt weiter von einer „unbegrenzten Atomenergie“ durch eine Plutoniumwirtschaft mit Schnellen Brütern. Der erste Demonstrationsreaktor soll bis 2025 fertig sein und die Stromerzeugung 2050 beginnen. Bis 2100 wäre Japan dann in der Energieversorgung autark und würde dabei kaum Treibhausgase erzeugen.

„Ein Leichtwasserreaktor nutzt nur 1 Prozent des Urans, ein Brüter 70 bis 80 Prozent“, begründete Shunsuke Kondo, Vorsitzender der Atomenergiekommission, die 920 Milliarden Yen (nach heutigem Kurs 7,6 Milliarden Euro), die Monju seit 1980 gekostet hat. Der Betrieb verschlingt jährlich weitere 190 Millionen Euro.