VIELLEICHT ENDET DIE REICHENSTEUER BEI NULL CENT ERTRAG
: Auf Aktien und Immobilien kommt es an

Die Reichensteuer kommt ab 2007, und sie wird nur die privaten, nicht aber die gewerblichen Einkünfte umfassen. Damit hält die Entscheiderrunde der großen Koalition sich zwar an den Koalitionsvertrag, lässt aber die Frage unbeantwortet, wie sie hier Ungleichbehandlung legitimieren will. Das soll die Unternehmensteuerreform 2008 klären, aber die will die Steuern senken, nicht steigern.

Die betroffenen Bestverdiener – Singles mit Jahresgehältern von 250.000 Euro an aufwärts, Ehepaare ab einer halben Million – werden also wegen Ungleichbehandlung, die sie mindestens im Jahr 2007 trifft, schnurstracks zum Bundesverfassungsgericht laufen. Urteilt Karlsruhe im Sinne der Kläger, ist der ohnehin nur noch auf 300 Millionen Euro geschätzte Ertrag der Reichensteuer komplett verloren. Das sehen übrigens die Finanzpolitiker der SPD mit Ausnahme von Finanzminister Peer Steinbrück genauso.

Mit der Durchsetzung der Reichensteuer zum Jahr 2007 hat die SPD also das erzielt, was man einen Pyrrhussieg nennt: Sie hat zwar ein für ihre Klientel bedeutungsvolles Symbol gerettet, doch zum Preis eine juristische Wackelpartie, die dieses Symbol mehr schädigen wird als alle Denunziation durch Union und FDP als „Neidsteuer“. Möglicherweise steht am Ende: null Cent Ertrag durch die Reichensteuer, maximaler Bearbeitungsaufwand und die endgültige Diskreditierung aller Versuche, Gutverdiener wieder stärker heranzuziehen.

Mit richtig viel Pech – also richtig viel Geschick der Gegenseite – würden durch dieses Desaster auch die Forderungen ins Abseits gedrängt, die immer schon besser begründet waren als die Reichensteuer: endlich den eigentlichen Vermögenszuwachs in der Republik durch Steuern und Abgaben zu erfassen. Die größte Ungerechtigkeit im System besteht nicht in der Einkommensbesteuerung, sondern darin, dass die seit Jahren stagnierenden Löhne voll belastet werden, während seit Jahren sprunghaft wachsende Aktien- und Immobilienwerte unbelastet bleiben. Das hat selbst die Union schon bemerkt. Mit etwas Glück aber führt der Flop der Reichensteuer dazu, dass die Koalition sich um den wahren Strukturfehler kümmert.

ULRIKE WINKELMANN