Auf den Teppich kommen

MANAGERTRAINING Unternehmensberater Holger Schmidt bietet Seminare für Menschen an, die unter zu hohem Stress stehen. Devise: „Mehr schaffen mit einer anderen Mentalität“

„Geschwindigkeit macht Angst. Und Angst macht Tempo“

Holger Schmidt

VON UTE BRADE

Es ist 14 Uhr als Holger Schmidt mit Anzug und Laptop unter dem Arm das Lokal im Hamburger Bahrenpark betritt. Er kommt aus Elmshorn, dort war er bei einer Unternehmenspräsentation. Schmidt ist Berater und Coach, Kernzielgruppe sind Führungskräfte. Karrierecoaching und Konflikte lösen sind dabei seine Hauptaufgaben.

Der 54-Jährige ist seit zehn Jahren selbständig. Zuvor hat Schmidt zwölf Jahre als Heilpraktiker gearbeitet. Nun berät er Unternehmen oder Einzelpersonen bei Integrations- und Veränderungsprozessen. Sein Gebiet umfasst dabei die „weichen“ Faktoren: Kommunikation, Konfliktfähigkeit, Teamentwicklung und soziales Lernen. Dabei geht es, immer häufiger, auch um Stressresistenz und Entschleunigung. Zu hohes Tempo, Effizienzwahn und Stress im Job sind aktuelle Probleme unserer Gesellschaft. Immer mehr Arbeit und Verantwortung wird auf immer weniger Köpfe verteilt und die Leistung muss in immer kürzerer Zeit erbracht werden. Die Schnelligkeit entwickelt sich dabei oft unbewusst. „Geschwindigkeit macht Angst“, sagt Holger Schmidt. „Und Angst macht Tempo“ – das sei ein Kreislauf, den es zu unterbrechen gilt.

Hoher Druck, Ängste und Konflikte können im schlimmsten Fall zu Burn Out und Depressionen führen. Dem versucht er in seinen Workshops und Seminaren vorzubeugen. Zentrale Aufgabe dabei sei die mentale Arbeit: Zur Ruhe kommen und das innere Zentrum finden. „Beim Landen auf dem Teppich wird dem Teilnehmer schon einiges bewusst“, sagt Schmidt.

Er geht dabei zunächst strategisch vor. In einer Situationsanalyse spricht er mit dem Teilnehmer über Arbeitszeiten, Pausen, Überstunden, Erreichbarkeit, Verantwortung. Ein Instrument, um zu identifizieren, wie hoch der Stress bei seinen Kunden ist, ist die „Stress-Skala“ von eins, entspannt, bis zehn, sehr geladen. Er gibt sich heute eine fünf, vor der Präsentation am Morgen eine sechs.

Im zweiten Schritt werden Ziele, Glaubenssätze und Werte identifiziert. „Meine Aufgabe ist es dann“, sagt Schmidt, „die erkannten Potenziale mit dem Teilnehmer gemeinsam zu realisieren.“ Dabei geht es um die Frage, von welcher inneren Instanz man sich durch harte Zeiten steuert. Hilfreich dabei seien Meditations- und Atemübungen.

Er rät, sich sogenannte Entschleunigungsinseln zu suchen. Zum Beispiel bewusst auf die Atmung achten oder beim Gehen sich nur auf sich selbst und den Gang zu konzentrieren. Meditation sei eigentlich ganz einfach: „Ich lege 100 Prozent Achtsamkeit auf das, was ich gerade tue“.

Entschleunigung soll auch bringen, den Körper einmal „abzuscannen“, wie er sagt. Vom Scheitel bis zur Sohle und wieder zurück. „Das sieht ja keiner“, sagt er, „und das kann man überall machen.“

Entschleunigung heiße für ihn nicht, weniger oder langsamer zu arbeiten, sondern zwischen Phasen mit viel Arbeit und hohem Tempo, langsame Phasen einzulegen. Nur so könnten neue Entscheidungen in Ruhe gefällt und Prozesse optimiert werden. Schmidt: „Mehr schaffen, aber mit einer anderen Mentalität.“

Seine Teilnehmer sind in der Regel Führungskräfte zwischen 30 und 60 Jahren, das Durchschnittsalter liege bei 45 Jahren. Die Seminare und Workshops werden meist in Gruppen zwischen sechs und acht Personen abgehalten und dauern ein bis zwei Tage. Einzelcoachings bis zu drei Stunden pro Sitzung. „Das reicht dann meist auch“, sagt Schmidt. Es gehe ja schließlich darum, Stress abzubauen.

Holger Schmidt weiß selbst, was viel Arbeit und viel Stress bedeutet: „In den ersten Jahren der Existenzgründung habe ich 70 bis 80 Stunden pro Woche gearbeitet“, sagt er. Das habe er jetzt deutlich reduziert, viele Aufgaben abgegeben. „Das muss man aber erst einmal lernen, genauso wie Pausen und Urlaub machen.“

Weitere Infos: www.holger-schmidt-integration.com. Den nächsten Workshop zum Thema Entschleunigung gibt es im Juni