Staatsanwalt blamiert

Gericht löscht Strafbefehl gegen Neonazi-Gegner

MÜNCHEN taz ■ Vorläufiger Freispruch für Neonazi-Gegner: Der linke Aktivist Claus Schreer und Sigi Benker, Fraktionschef der Münchner Rathaus-Grünen, können auf Veranstaltungen weiter zum Protest gegen Neonazi-Demos aufrufen. Die Staatsanwaltschaft München I hatte den beiden Strafbefehle über je 30 Tagessätze zugestellt, nachdem sie am 20. März 2004 auf einer Antikriegskundgebung über Protestmöglichkeiten gegen eine am selben Tag stattfindende NPD-Demo informiert hatten. Für die Strafverfolger war das ein Aufruf zu einer nicht angemeldeten Demonstration (die taz berichtete).

Anders fiel das Urteil des Amtsgerichts aus, das gestern den Widerspruch der beiden vermeintlichen Rädelsführer verhandelte. „Das was gesagt wurde, ist nach meinem Rechtsempfinden erlaubt und stellt keinen Aufruf zu einer neuen – nicht angemeldeten – Versammlung dar“, sagte Richter Ludwig Ernst. Das Zuschauen bei einer NPD-Demo samt dem Zeigen „roter Karten gegen rechts“ seien keine hinreichenden Kriterien, um von einer neuen Demo sprechen zu können. „Das war eine große Bauchlandung für die Strafverfolger“, sagte sich Grünen-Politiker Benker. „Trotz einer übereifrigen Staatsanwaltschaft kann man in München wieder ungestraft gegen Neonazis auf die Straße gehen.“ Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig; die Staatsanwaltschaft kündigte an, Urteilsbegründung samt möglicher Berufung zu prüfen. MH