Griechenland spaltet Opposition

HILFSPAKET Bundestag beschließt Hilfszusagen mit Stimmen von Union, FDP und Grünen. SPD verteidigt ihre Stimmenthaltung gegen Kritik. Erste Verfassungsklage eingereicht

Klose, Gauweiler, Ströbele weichen von Fraktionslinie ab

AUS BERLIN RALPH BOLLMANN

Die deutschen Kreditzusagen an Griechenland in Höhe von 22,4 Milliarden Euro sind beschlossene Sache. Bundestag und Bundesrat stimmten dem Gesetz am Freitag zu, Bundespräsident Horst Köhler wollte es noch am Nachmittag ausfertigen. Am Abend reist Kanzlerin Angela Merkel (CDU) zu einem Sondergipfel nach Brüssel, der das Hilfspaket auf europäischer Ebene endgültig beschließen wollte.

Im Bundestag stimmten CDU/CSU, FDP und Grüne für das Gesetz. Die Linkspartei votierte dagegen, die SPD enthielt sich. Im Zentrum der Debatte stand das Abstimmungsverhalten der Oppositionsparteien. Vorausgegangen war ein tagelanger Verhandlungsmarathon zwischen Regierung und Opposition über eine gemeinsame Resolution, die das Gesetz begleiten sollte. Darin sollte nach dem Willen der SPD eine Steuer auf Finanztransaktionen verlangt werden. Die FDP lehnte das ab und bot als Alternative eine Art Bankenabgabe an.

Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel erinnerte Merkel daran, dass die CDU noch in einem Vorstandsbeschluss vom Januar selbst die Forderung nach einer Transaktionssteuer erhoben habe. Einer reinen Kreditermächtigung könne die SPD nicht zustimmen. „Wir müssen denen das Handwerk legen, die sich Europa zur Beute machen“, sagte er.

Die Zustimmung der Grünen bezeichnete Fraktionschefin Renate Künast als Bekenntnis zu Europa. „Jetzt und hier geht es um Europa, es geht um herausragende deutsche Interessen“, sagte Künast, die auch Beifall aus der Unionsfraktion erhielt. Gleichzeitig hielt sie der aufmerksam zuhörenden Kanzlerin vor, ihr Zaudern habe die Kosten der Rettungsaktion in die Höhe getrieben.

Bei allen Fraktionen außer der Linken gab es auch Abweichler. So enthielten sich Christian Ströbele und vier weitere Grünen-Abgeordnete der Stimme, weil der Finanzsektor an den Kosten der Hilfsaktion nicht angemessen beteiligt werde. Aus der SPD-Fraktion stimmten vier Abgeordnete für das Gesetz, darunter der Außenpolitiker Hans-Ulrich Klose. Bei der FDP lehnte der Abgeordnete Frank Schäffler die Vorlage ab.

Vier Unionspolitiker stimmten mit Nein. Der CSU-Politiker Peter Gauweiler argumentierte, die beschlossenen Kredite stellten nicht die Zahlungsfähigkeit des griechischen Staates wieder her, sondern erhöhten nur dessen Kreditlast. „Sie dienen nur der Absicherung spekulativer Kreditgeschäfte internationaler Großbanken und der Verlängerung dieser Geschäfte“, erklärte Gauweiler. Europa verordne den Griechen „eine Entsagungs- und Rosskurpolitik, die nicht zur wirtschaftlichen Gesundung des Landes führen kann“.

Noch am Freitag ging beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe die erste Klage gegen das Gesetz ein. Der Jurist Albrecht Schachtschneider sowie die Wirtschaftswissenschaftler Joachim Starbatty, Wilhelm Hankel und Wilhelm Nölling sehen durch den Beschluss das Sozialstaats- und Demokratieprinzip verletzt. Alle vier hatten 1998 bereits gegen die Einführung des Euro geklagt, waren mit ihrer Verfassungsbeschwerde aber gescheitert. Der CSU-Politiker Peter Gauweiler ließ sich am Freitag eine Klage gegen das Gesetz noch offen.

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