berliner szenen Urlaub in Neukölln

Aus Liebe zum Hasen

Seit ungefähr sechs Monaten mache ich jedes Wochenende Urlaub in Neukölln. Dabei ist mir noch so manches fremd: Partys werden hier zum Beispiel in Wohnungen und nicht in Klubs gefeiert; sonntags geht man kollektiv in der Hasenheide spazieren. Immer mit der Absicht, den Kater vom Vorabend durch frische Luft zu verscheuchen. Und immer mit dem Ergebnis, den selbigen mit Alkohol in der Hasenschänke aufzufrischen.

Meiner Meinung nach kann man einen Ort, der den niedlichen Namen Hasenschänke trägt, einfach nicht ignorieren. Ich stelle mir lebensgroße Hasendamen vor, die mit Spitzenschürze Kaffee und Kuchen servieren. Dieses Bild stammt wahrscheinlich aus einem Kinderbuch und entspricht nicht der Realität. Denn meistens hängen eher unniedliche Leute in der Hasenschänke ab.

Im Winter bekam man ein Sitzkissen für die Eisenstühle von der freundlichen Dame ohne Langohren (aber mit Hasenzähnen), und man trank Tee mit Rum. Im Herbst haben wir Alster getrunken und uns goldene Sonnenuntergänge von einem Hügel aus angesehen. Wie wohl Frühling und Sommer in der Hasenschänke aussehen?

Bis auf den sonntäglichen Ausflug in die Hasenheide geht man in meinem Urlaubsdomizil ab und an in die Danish Bodega, zum Fußballgucken. Da gibt es Halbzeithäppchen für lau und die Zuschauer brüllen „Schön!“ und „Scheiße!“. Obwohl es draußen inzwischen strahlenden Sonnenschein gibt, ist es immer stockdunkel hier drinnen und unangenehm kalt. Ich kann Fußball eigentlich nicht leiden, aber es geht ja darum, mit wem man Fußball guckt, nicht um das Spiel an sich. Dänen habe ich hier auch noch keine getroffen.

MAREIKE BARMEYER