EU uneins bei Ölsteuer

Einige EU-Finanzminister fordern, die Rekordgewinne der Ölkonzerne stärker zu besteuern. Reaktionen gespalten

BRÜSSEL taz/dpa/rtr ■ Eine Sondersteuer auf die hohen Gewinne der Ölkonzerne findet in der Europäischen Union kaum Unterstützung. Der Vorsitzende der Euro-Finanzminister Jean-Claude Juncker hatte eine solche Sondersteuer wegen der hohen Energiepreise während eines Treffens der EU-Finanzminister gefordert. „Die Ölgesellschaften sind die Gewinner der Ölkrise“, begründete Juncker den Vorstoß.

Ölfirmen wie ExxonMobil, BP und Shell hatten 2005 zwischen 20 und 36 Milliarden US-Dollar Nettogewinn gemacht – die höchsten Gewinne in ihrer Unternehmensgeschichte. Die Rekordeinnahmen setzten sich in diesem Jahr fort. ExxonMobil verdiente im ersten Quartal dieses Jahres rund 1.000 Dollar in der Sekunde.

Der österreichische EU-Ratsvorsitzende Karl-Heinz Grasser und sein slowenischer Kollege Andrej Bajuk begrüßten den Vorschlag: „Ich sehe Handlungsbedarf“, sagte Grasser. Allerdings müsse man so eine Steuer weltweit einführen.

Die Finanzminister aus den Niederlanden, Griechenland und Malta sprachen sich unmittelbar gegen den Vorschlag aus. „Die Bundesregierung hat dazu bisher keine Meinung“, sagte der deutsche Finanzstaatssekretär Thomas Mirow. Das Thema werde aber weiter diskutiert.

Juncker selbst betonte, es gebe noch keinen konkreten Vorschlag für die Sondersteuer. „So weit sind wir nicht“, sagte er.

Juncker machte deutlich, dass Europa für mehr Transparenz auf den Ölmärkten sorgen will – auch um die Preise besser in den Griff zu bekommen. Dazu sollten beispielsweise Erdölvorräte in Europa öffentlich gemacht werden. Nach Ansicht Junckers wäre es ein falsches Zeichen an die Produzentenländer, in den europäischen Mitgliedstaaten Steuern auf Ölprodukte zu senken.

Unterdessen warnten die Ölkonzerne vor anhaltender Ölknappheit. Der Vize-Chefökonom von BP, Christoph Rühl, warnte gestern in der Financial Times Deutschland vor Versorgungsengpässen. „Es gibt kaum noch freie Kapazitäten, um die wachsende Ölnachfrage zu befriedigen.“ Die globale tägliche Reservekapazität sei von 3,5 Millionen Barrel (je 159 Liter) auf 1 bis 2 Millionen Barrel gefallen. Rühl sagte, die Ölbranche werde ihre Reservekapazität erst im Jahr 2010 bis auf 3 Millionen Tonnen täglich ausgebaut haben. Auch Shell-Chef Jeroen van der Veer hatte bereits zuvor die Hoffnung auf eine baldige Entspannung der Ölversorgung gedämpft. Eine Ausweitung der konzerneigenen Reserven bis 2008 sei „wenig wahrscheinlich“.

Nach Angaben der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wurden im ersten Quartal 2006 weltweit 85,2 Millionen Barrel am Tag nachgefragt, aber nur 84,5 Millionen Barrel gefördert. Besonders stark nahm die Nachfrage in China und Indien zu. TA