Air Berlin macht sich deutlich billiger

Nach dem verschobenen Börsengang startet die Fluggesellschaft einen zweiten Versuch. Anlegern werden weniger Aktien zu einem geringerem Preis angeboten. Aktionärsschützer warnen dennoch vor den Risiken. Denn die Branche hat Probleme

VON STEPHAN KOSCH

Air Berlin wird billiger – zumindest auf dem Parkett. Die Fluglinie teilte gestern mit, dass ihre Aktien nun zwischen 11,50 und 14,50 Euro kosten sollen. Bislang wurden die Papiere für 15,00 bis 17,50 Euro angeboten. Für diesen Preis fanden die Aktien aber nicht genügend Interessenten. Deshalb hatte Air Berlin den für gestern geplanten Börsengang kurzfristig verschoben.

„Knackpunkt war letztlich der Preis“, sagte Firmenchef Joachim Hunold der Nachrichtenagentur Reuters. „Die Investoren hatten bei der Bewertung im Hinterkopf, dass wegen des steigenden Ölpreises die Kurse der direkten Wettbewerber während unserer Roadshow gefallen sind.“ Darauf habe man nun reagiert.

Weil aber Air Berlin nicht nur den Preis gesenkt hat, sondern auch die Zahl der angebotenen Aktien, werden dem Unternehmen und seinen bisherigen Besitzern nun über 250 Millionen Euro weniger zufließen als zuletzt kalkuliert. 616 Millionen Euro sind jetzt das Ziel. Für neue Flugzeuge und sonstige Investitionen stehen Air Berlin davon aber weniger als die Hälfte zur Verfügung, der Rest geht an die sieben Altaktionäre.

Diese Aufteilung habe den Anlegern schon im ersten Anlauf nicht gefallen, sagte Reinhild Keitel von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK) gestern der taz. Denn Air Berlin muss investieren, um die von Experten erwartete Pleitewelle in der Billigflieger-Branche als Gewinner zu überstehen. Der Markt hat zudem unter steigenden Kerosinpreisen zu leiden.

Deshalb sieht nicht nur Keitel die Air-Berlin-Aktien lediglich als Angebot „für risikofreudige Anleger“. Auch die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) sprach von einer „hochspekulativen Aktie“.

Air Berlin habe Warnungen von Investoren vor einem zu hohen Preis offenbar nicht ernst genug genommen, sagte Sprecher Jürgen Kurz. „Das ist peinlich für das Unternehmen und ein gutes Zeichen für den Markt.“ Auch Keitel sagte, es spreche für die Reife der Anlegerschaft, dass der Börsengang verschoben werden musste. Die lasse sich trotz prominenter Nase in Werbespots „nicht alles aufschwatzen“. Für die Aktie hatte der TV-Moderator Johannes B. Kerner geworben.

Die mangelnde Kommunikationsstrategie von Air Berlin sei eines der Puzzlestücke, die zu dem „Nasenstüber“ für das Unternehmen geführt haben, sagt Kurz. „Auf der einen Seite wird in Deutschland marktschreierisch für die Aktie geworben, und auf der anderen Seite wird der Börsenprospekt nur in englischer Sprache veröffentlicht. Das zeigt, was Air Berlin von Transparenz hält.“

Am kommenden Donnerstag wird Air Berlin den zweiten Versuch starten, erfolgreich auf das Parkett zu kommen. Und hofft dabei gewiss auf einen ähnlichen Effekt wie bei der Postbank und der Baumarktkette Praktiker. Auch diese Firmen mussten ihren Börsengang verschieben und den Aktienpreis senken. Praktiker-Aktien gewannen seitdem 30 Prozent an Wert, der Kurs für Postbank-Papiere hat sich mehr als verdoppelt.