Neonazis bringen Polizei in WM-Stress

Die Gewerkschaft der Polizei will NPD-Demonstrationen während der Fußball-WM verhindern: Die Beamten seien mit der Sicherheit der Weltmeisterschaft schon genug beschäftigt. Sorgen bereiten Hooligans auf Plätzen mit Videoleinwänden

AUS BERLIN MAURITIUS MUCH

Neonazis sollen während der WM nicht an Spielorten demonstrieren dürfen. Das forderte der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei, Konrad Freiberg, am Freitag auf einer Sicherheitstagung der Polizei in Berlin. Er appellierte an die zuständigen Verwaltungsgerichte, rechtsextreme Aufmärsche zu verbieten.

Bisher hat die NPD Demonstrationen in Gelsenkirchen, Leipzig und drei Städten in Thüringen angekündigt. „Die Neonazis wollen die WM als Bühne für ihre Propaganda nutzen“, ergänzte Freiberg. Solche Aufmärsche müssten mit vielen Polizeibeamten geschützt werden, weil linke Gegendemonstrationen zu erwarten seien. Allerdings sei bei der Polizei wegen der WM die Grenze der personellen Belastbarkeit bereits erreicht, sagte Freiberg. Insgesamt 100.000 Beamte werden vor allem Mannschaftsquartiere schützen und die Stadien überwachen.

Die Sicherheit in den zwölf WM-Stadien zu garantieren, bereitet Freiberg aber keine Kopfzerbrechen. Die von Innenminister Wolfgang Schäuble gewünschte Grundgesetzänderung zum Einsatz der Bundeswehr im Inland hielt er ohnehin für einen „Holzweg“. Zu den Spielen hätten nur Personen Tickets erhalten, die vorher durch Verfassungsschutz und Polizei überprüft werden konnten. Außerdem gäbe es Einlasskontrollen und Durchsuchungen an den Stadien. Die Gefahr, dass etwa Hooligans trotzdem in die Arenen gelangen, schätzt Freiberg als relativ gering ein.

Größere Sorgen macht sich der Gewerkschaftschef um die Sicherheit bei den so genannten Public-Viewing-Veranstaltungen. Das sind die großen Feste in den Innenstädten, bei denen tausende Menschen auf Großbildleinwänden die Spiele anschauen. Allein in Berlin gehen die Behörden von 100.000 täglichen Besuchern des Fan-Festes vor dem Brandenburger Tor aus. „Wir müssen damit rechnen, dass Hooligans sich Zutritt zu solchen Veranstaltungen verschaffen“, sagte Freiberg.

Deshalb fordert die Polizei einheitliche Sicherheitsstandards für alle etwa 400 Public-Viewing-Feste: Die Fan-Partys sollten eingezäunt werden und mehrere kontrollierte Zugänge haben. Dort würden Polizeibeamte oder private Sicherheitsdienste Personen überprüfen. Außerdem sollten die Plätze per Video überwacht werden. Flaschen und Gläser dürften auch nicht mitgebracht werden. So könne man Situationen wie im Juni 2005 vermeiden, sagte Jürgen Matthies, Leiter des WM-Vorbereitungsstabs der Polizei. Während des Halbfinalspiels im Confederations-Cup zwischen Deutschland und Brasilien hatten Krawallmacher eine Public-Viewing-Veranstaltung in Köln gestört. Die Hooligans verletzten 20 Personen, weil sie Flaschen und Gläser warfen.

Allerdings ist fraglich, ob die Standards überall eingehalten werden. In Städten mit riesigen Fan-Festen sei die Bereitschaft viel größer, die Maßnahmen umzusetzen, als in kleinen Städten mit etwa 50 Personen vor einer Leinwand, sagte Freiberg.

Hooligans erwartet die Polizei vor allem aus Polen. Dort gibt es etwa 20.000 gewaltbereite Fans. Aber auch mit etwa 200 holländischen Gewalttätern rechnen die Beamten. 3.500 britische Hooligans dürfen während der WM die Insel nicht verlassen. Aber auch vor deutschen Schlägern fürchten sich die Sicherheitskräfte: Knapp 10.000 Hooligans sind polizeilich bekannt.