Keine Kleiderordnung gegen verhüllte Köpfe

Grüner Parteitag in Schleswig-Holstein lehnt Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen mit knapper Mehrheit ab. Massive Kritik an der Rolle des ehemaligen Koalitionspartners SPD in den schwarz-roten Bündnissen in Kiel und Berlin

Die schleswig-holsteinischen Grünen lehnen ein Kopftuchverbot für muslimische Lehrerinnen ab. Nach kontroverser, aber sachlicher Debatte beschloss ein Landesparteitag gestern in Plön mit relativ knapper Mehrheit einen entsprechenden Antrag des Landesvorstandes. Ein maßgeblich von Ex-Justizministerin Anne Lütkes formulierter Gegenantrag hatte dafür plädiert, alle religiösen Symbole aus den Schulen zu verbannen. Diese Initiative erhielt zwar ebenfalls starken Zuspruch der Delegierten, unterlag aber in der alternativen Abstimmung.

Muslimische Lehrerinnen dürften nicht in ihrer Berufswahl diskriminiert werden, heißt es in dem beschlossenen Antrag. Indoktrination und Propaganda jeder Art hätten im Klassenzimmer nichts verloren. „Die ist allerdings keine Frage der Kleiderordnung.“

Während ihres zweitägigen Parteitages lehnten die Nord-Grünen den von der schwarz-roten Regierung geplanten Verkauf des Landeswaldes einmütig ab. Sie wollen auch eine Volksinitiative gegen die umstrittenen Pläne auf den Weg bringen. Ein Verkauf richte sich gegen den Naturschutz, sagte der Landesvorsitzende Robert Habeck.

In der Kopftuchdebatte standen sich zwei Positionen gegenüber. Lütkes betonte die Pflicht des Staates zur Neutralität: „Der Staat muss sich heraushalten.“ Religiöse Symbole müssten deshalb aus dem Unterricht verbannt werden, sagte die ehemalige Justizministerin, die jetzt Fraktionsvorsitzende im Landtag ist. Parteichefin Marlies Fritzen argumentierte dagegen, das Tragen religiöser Symbole an sich störe den Schulfrieden keineswegs. Weil es keine einheitliche Interpretation des Kopftuches gebe, sollte es, so Fritzen, auch kein generelles Verbot geben.

Hart kritisierten die Grünen in Plön die Rolle ihres langjährigen Partners SPD in den großen Koalitionen auf Landes- und Bundesebene. „Die CDU haut die SPD übers Ohr“, meinte Habeck im Blick auf die schwarz-roten Regierungsbündnisse in Kiel und Berlin. „Ist Sozialdemokratie die Einführung von Schleierfahndung, Videoüberwachung und Fußfesseln? Ist Sozialdemokratie die Erhöhung des Drucks auf Arbeitslose, bei denen 1,5 Milliarden rausgequetscht werden sollen, während der Beitrag der Spitzenverdiener durch die Reichensteuer gerade 300 Millionen beträgt?“, fragte Habeck rhetorisch.

Die Antwort lieferte er gleich mit: „Was wir erleben, ist die Unionisierung der Sozialdemokratie.“ dpa