Straftäter überprüft

SICHERHEITSVERWAHRUNG Nach Straßburger Urteil könnten in Berlin acht Menschen freikommen

Nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur nachträglichen Sicherungsverwahrung wird in Berlin jetzt die Freilassung von acht Straftätern geprüft. Die Staatsanwaltschaft werde die Fälle dem Landgericht zur Entscheidung vorlegen, sagte der Sprecher der Justizverwaltung, Bernhard Schodrowski. Berücksichtigt werden müsse aber das Schutzbedürfnis der Bevölkerung. Wichtig sei auch, einen geordneten Übergang in die Freiheit zu organisieren.

Diese acht wegen Gewalt- und Sexualdelikten Verurteilten sitzen länger als zehn Jahre in Sicherungsverwahrung, einer von ihnen bereits seit 1993. Sicherungsverwahrung beginnt nach einer regulär verbüßten Freiheitsstrafe. Die Täter bleiben dann im Gefängnis, wenn sie weiter als besonders gefährlich eingestuft werden. Die zeitliche Begrenzung von zehn Jahren Sicherungsverwahrung in Deutschland war erst 1998 aufgehoben worden.

Deutschland verurteilt

Der Gerichtshof in Straßburg hatte am Dienstag entschieden, dass eine nachträgliche Sicherungsverwahrung rechtswidrig ist. Damit wurde die Verurteilung Deutschlands wegen einer solchen Verwahrung eines Gewaltverbrechers rechtskräftig. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hatte erklärt, mit dem Urteil sei „ohne jeden Zweifel und abschließend geklärt, dass jede Gesetzgebung zu der Sicherungsverwahrung einem strikten Rückwirkungsverbot unterliegt“.

Schon im Dezember hatte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in erster Instanz geurteilt, dass die rückwirkende Verwahrung von Straftätern ein Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention sei. Die Bundesregierung wollte das Urteil nicht akzeptieren. (dpa)