„Eine Schulkleidung ist kein Wundermittel“

Der Psychologe Oliver Dickhäuser hat festgestellt, dass Schulkleidung die soziale Situation an Schulen entspannt

taz: Herr Dickhäuser, Sie haben an zwei Hamburger Schulen die Auswirkungen von Schulkleidung auf das Sozialverhalten von Schülern untersucht. An einer Schule gab es Schulkleidung, an der anderen nicht. Was kam dabei heraus?

Oliver Dickhäuser: Schulkleidung verbesserte den Zusammenhalt und die Lernzielorientierung. Die Schüler konnten sich besser auf den Unterricht konzentrieren, Kleidung verlor an Stellenwert.

Ist wichtig, ob man Schulkleidung verordnet oder sich da mit den Schülern einigt?

Das untersuchen wir gerade an einer Schule in Haag in Oberbayern. Die jetzige fünfte Klasse ist die erste, die Schulkleidung tragen muss. In den sechsten Klassen haben sich rund 90 Prozent freiwillig entschieden, das auch zu machen.

Wie sieht die optimale Schulkleidung aus?

Sie sollte sich an den Kleidungsgewohnheiten der Schüler anlehnen. Wichtiger ist aber, dass das Instrument „Schulkleidung“ akzeptiert ist: nicht von oben herab verordnen, sondern die SchülerInnen an der Auswahl der Kleidung beteiligen.

Trainingsjacken und Spaghettitops in Einheitsfarbe?

Die mir bekannten Schulkleidungen entsprechen der Mode: Longsleeves, Trainingsjacken mit Kapuze, Polohemden. Nur das Design ist einheitlich – die Grundidee der Schulkleidung.

Sollen auch religiöse Kleidungsstücke wie Kopftücher in die Schulkleidung integriert werden?

Aus Hamburg und Haag sind mir keine Probleme bekannt. Außer der einheitlichen Oberbekleidung dürfen die Schüler über ihre Kleidung frei entscheiden.

Welche Maßnahmen sind noch notwendig?

Einheitliche Kleidung werden nur Schulen wählen, die kleidungsbedingte Probleme haben. Die Einführung ist kein Wundermittel, das die Schule in pädagogischer Hinsicht komplett von ihren Pflichten befreit. Sie verbessert auch nicht alles, was vorher schief lief.

Verlagern sich die Probleme nicht? Auf Handys etwa?

Soweit ich weiß: nein. Ich denke, Lehrer sind wegen der Schulkleidung auch aufmerksamer, was solche Probleme angeht.

Sollen die Lehrer auch Schulkleidung tragen?

Unbedingt. Aber man muss das Kollegium vom Nutzen überzeugen. In Hamburg kleiden sich die Lehrer ähnlich den Schülern, in Haag ist das noch nicht geregelt. Das kann man kritisch sehen, wenn man Schüler zu etwas zwingt und die Lehrer nicht. INTERVIEW:

DOMINIK SCHOTTNER