Die unermüdliche Frau Rö

BEOBACHTUNGSOBJEKT Die Journalistin Andrea Röpke recherchiert seit Jahren über die rechte Szene. Nun kam heraus, dass sie durch den Geheimdienst beobachtet wird. Wie sie damit umgeht, berichtet ihr Kollege Andreas Speit

In der vergangenen Woche ist sie Patin geworden – des Goethe-Gymnasiums in Ludwigslust, das sich nun „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ nennen darf. Zur Übergabe des entsprechenden Schildes war Andrea Röpke extra nach Ludwigslust gefahren. Über 91 Prozent der Schüler, Lehrer und Mitarbeiter hatten die Erklärung unterschrieben, die für die Aufnahme in das bundesweite Netzwerk der „Schulen ohne Rassismus“ nötig ist.

Röpke hat das Ereignis sehr berührt. „Das ist wunderbar, ein besonderes Zeichen“, sagt die Journalistin, die unter anderen für das NDR-Magazin Panorama, das Portal „Blick nach rechts“ und die taz tätig ist. In Mecklenburg-Vorpommern wäre die Auseinandersetzung mit der rechtsextremen Szene täglich nötig. Doch so ist es leider nicht – das weiß Röpke durch zahlreiche Recherchen vor Ort.

Dass das Gymnasium sie gebeten hat, die Patenschaft für „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“ zu übernehmen, ist auch eine Positionierung in einem Skandal, der Niedersachsen die letzten Wochen beschäftigt hat. Am 18. September, Röpke war gerade wieder an der Ostseeküste unterwegs, bekam sie einen Anruf vom Verfassungsschutz. Die niedersächsische Verfassungsschutz-Präsidentin Maren Brandenbuger (SPD) teilte ihr mit, dass das Amt von 2006 bis März 2013 Daten über sie gesammelt hätte – entgegen früheren anders lautenden Auskünften.

Über ihren Anwalt Sven Adam hatte Röpke 2012 beim Innenministerium nachfragen lassen, ob eine Akte zu ihr geführt würde. Das sei nicht der Fall, hatte man ihr mitgeteilt. Nun hieß es, es habe doch eine Akte gegeben, diese sei aber vernichtet worden. „Ich wurde anscheinend bewusst belogen“, sagt Röpke. Mit ihrem Anwalt versucht sie jetzt Aufklärung zu erhalten. Anträge auf Rekonstruierung der Akte sind gestellt.

An das Telefonat vor Wochen erinnert sich die Journalistin noch sehr gut. „Ich stand da an der Küste im Regen“, sagt sie und muss über die Doppeldeutigkeit ihrer Worte lachen. Röpke wird beim Reden gerne schneller, um alles unterzubringen, was sie zu sagen hat. Und zu sagen hat sie viel, denn bei ihren Recherchen ist „Frau Rö“, wie sie von Kolleginnen und Kollegen genannt wird, unermüdlich. Sie sucht, fasst nach, sucht weiter, fasst wieder nach. Er geht ihr darum, zu erkennen und zu verstehen, erst dann berichtet sie.

Zum Thema Rechtsextremismus kam sie beim Studium in Bremen, doch wo im Norden sie lebt, ob sie mit einem Mann oder einer Frau liiert ist, ob sie überhaupt Familie hat, darüber sagt sie öffentlich nichts – aus Sicherheitsgründen: Nicht nur einmal ist sie von Rechten körperlich angegriffen worden.

In den sechs Jahren der Beobachtung durch den Verfassungsschutz sollen keine Telefonate abgehört oder E-Mails mitgelesen worden sein, heißt es. Bisher ist diese Aussage für Röpke nicht überprüfbar. Blindes Vertrauen zu Behörden ist nicht ihre Sache, das hat sie bei ihren Recherchen zu rechtsextremen Strukturen gelernt.

Schon 2006, erinnert sie sich, flüsterten ihr Mitwirkende der Tagung „Verantwortung übernehmen im Norden“ zu, dass ihre Person als Referentin in Behördenkreisen „stark umstritten“ sei. Auch Bürgerinitiativen seien aus Sicherheitskreisen gewarnt worden. Alles nur hinter vorgehaltener Hand und mit der Bitte, es nicht weiterzusagen. Der Verdacht liegt nahe, dass der Geheimdienst sich nicht nur aufs Beobachten beschränkt hat.ANDREAS SPEIT